Fahrt nach Paleochora

Ein Ortswechseltag.
Nicht, dass es von Belang wäre.
Die Nacht auf dem Campingplatz in Kissamos war windig und kühl. Das Wetter war eindeutig umgeschlagen, zumindest ein wenig. Mein neuer Schlafsack allerdings leistet mir gute Dienste. Ich friere nicht mehr nachts und schlafe deshalb etwas besser. Wenn jetzt der Wind aufhören und die Wellen somit nicht mehr ganz so fest gegen den Strand schlagen würden, wäre es perfekt. Aber es ist eigentlich nicht so wichtig.
Ich schlief bis sechs, hatte aber überhaupt keine Lust aufzustehen. Es war dunkel, ich glaube, es regnete sogar ein wenig. Mein Bus würde nicht vor elf Uhr abfahren, warum also so früh aufstehen?
Gegen sieben aber hatte ich genug, keine Ahnung, was ich die Stunde getan habe. Gegrübelt wahrscheinlich. Gedanken, die hierhin und dorthin springen und kaum festzuhalten sind.
Als ich aufstand, war sofort meine Katze zur Stelle, die mich hier als feste Größe engagiert hat. Es sind einige auf dem Platz, viele begrüßen mich ab und zu, aber dieses hübsche dreifarbige Tier hat mich in ihr Herz geschlossen. Ich fütterte es natürlich mit Whiskas, das ich extra dafür gekauft hatte. So etwas hilft nicht, wenn man eigentlich keine Katzen „adoptieren“ will.
Ein paar Sonnengrüße später baute ich langsam alles ab. Es dauert eigentlich nicht lange, wenn man es nach einem gewissen Schema ausführt. Ich hatte unendlich viel Zeit, machte also langsam. Nicht, dass es einen Unterschied macht. Das Aufsatteln des Gepäcks ist immer irgendwie brutal. Weil es letztlich trotz der Spartanität immer viel wiegt. So ist es eben, wenn man Küche, Schlafplatz und Dach über dem Kopf transportiert.
Dann aber fuhr ich ab, wieder sehr langsam. Gegen kurz nach zehn trat ich in die Pedale. Nach Kissamos musste ich nicht hinein, in Drapanas hält der Bus auch. Ich aber fuhr trotzdem noch ein kleines Stück zurück. Einfach, um mich ein wenig zu bewegen. An der nächsten Haltestelle war auch etwas mehr los, dort ist ein Café. Schön, dachte ich mir. Und dort wartete ich geduldig, hörte noch ein wenig Johann Christian Bach und hatte keinen Stress. Der Bus kam pünktlich und während der 20-minütigen Fahrt nach Tavronitis gab mir der Busfahrer die nötigen Hinweise, wo der nächste Bus hält und wann ungefähr. Ich musste nämlich umsteigen.
Hier, in Tavronitis, hatte ich zwei Stunden Zeit. Ich weiß nicht, warum ich so früh abgefahren bin, aber an Reisetagen bin ich eigentlich lieber früher unterwegs. Außerdem befindet sich direkt gegenüber der Haltestelle ein Bäcker, der geöffnet hatte. Einem frühen Lunch war ich nicht abgeneigt. Und nebenan war ein Café. Perfekt. Ein Espresso Freddo und es ging mir gut. Ich war natürlich aufgeputscht. Die Zeit verging schnell, ich hatte keine Langeweile.
Irgendwann dann stellte ich mich an die Haltestelle, wo sich inzwischen drei Deutsche befanden. Wir tauschten uns aus. Sie wollten auch nach Paleochora. Es ist beruhigend, wenn noch andere Leute warten.
Der Bus kam ca. gegen halb zwei. Er war brechend voll. Mein Rad kam gerade so unter. Ich glaube, dass wir die letzten Sitzplätze bekamen. Ich weiß nicht, ob man auf dieser Fahrt stehen kann. Denn es ging rasch in Richtung Berge. Serpentinen, Hügelketten, in der Ferne irgendwo das Meer. Es war eigentlich herrlich. Kreta ist so vollkommen anders, wenn man wegkommt von der Küste. Einsame Bergdörfer passierten wir, in die sich sicher kaum ein Tourist verirrt.
Ich dachte, dass wir mindestens zwei Stundet unterwegs sein müssten, aber das war nicht so. Es war etwas mehr als eine Stunde, dann tauchte das Meer plötzlich auf der anderen Seite der Insel auf. Ich war an der Südküste. Und hatte beim Aussteigen sofort den Eindruck, dass es etwas lieblicher war. Jetzt, gegen Abend, ist es wieder kühler. Aber nicht so windig. Vielleicht ist es auch vorbei mit dem Sturm. Es wäre ja wirklich mal Zeit.

Der Weg zum Campingplatz war einfach. Er liegt vielleicht einen Kilometer entfernt vom Ort. Er ist noch gut gefüllt. Nun, es ist einer der südlichsten Ziele Europas, mit entsprechendem Wetter. Das zieht Leute natürlich an.
Ich richtete mich ein, so wie immer. Die Zeit war irgendwie vergangen, erst gegen 16 Uhr fuhr ich nochmals los, um mir den Ort ein wenig anzusehen und auch, um einige Dinge einzukaufen. Abendessen. Tatsächlich ist es kein Unterschied zu einem anderen Wochentag. Alles war geöffnet, auch die beiden Supermärkte.
Paleochora hat etwas Entspannendes, stärker noch als Kissamos. Auch wenn an den Hügeln bereits Neubauten stehen, die sicher eines Tages für ein Übermaß an Touristen sorgen werden. Aber das verteilte sich relativ gut in den Gassen des kleinen Ortes, der auf einer Halbinsel liegt und ziemlich schmal ist. Trotz der Tatsache, dass die Tavernen noch gut gefüllt waren, hatte ich nicht den Eindruck, dass es übermäßig voll ist. Im Supermarkt auch nicht. Es gibt traumhafte Strände hier und ich habe den Eindruck, dass es auch traumhafte Wanderwege gibt. Strände interessieren mich nicht so sehr. Wanderungen dagegen schon.
Morgen beginnt also eine neue Woche. Dann werden wir sehen, wo es hingeht. Soll ich nochmal auf die Kykladen? Das ist teuer und aufwendig. Und ich weiß nicht, ob es sich lohnt. Oder vielleicht einen Tag eher nach Piräus, um dort das Museum für Moderne Kunst anzusehen. Etwas also, das ich am Anfang der Reise nicht geschafft habe.
Mal sehen, worauf ich Lust habe.
Dieser Tag jedenfalls war einfacher, als ich ihn mir am Anfang vorgestellt hatte. Der Buswechsel hat gut funktioniert, die Busse waren auch alle pünktlich.
Gut zu wissen.
Wir werden sehen, ob es mit den Fähren in zehn Tagen auch so sein wird.