Voll digital dependant

Ich weiß, dass ich etwas vorbelastet bin, wenn es um Abhängigkeiten geht. Väterlicherseits.
Aus diesem Grund habe ich schon vor ein paar Wochen beschlossen, meinen immer ausladender werdenden Konsum von Rotwein einzuschränken. Vor allem aus gesundheitlichen Gründen, denn ich merkte, wie mein Körper und auch Geist allmählich davon beeinflusst wurde. Es ist nicht das erste Mal, dass ich so etwas probiere. Wein ist für mich wie Schokolade. Eine Tafel im Schrank ist eine konsumierte Tafel. Bei Wein trifft das auch zu. Wenn eine Flasche da ist, öffne ich sie gegen halb acht Uhr abends. Wie bei der Schokolade klappt aber auch folgende Taktik beim Weinkonsum: Wenn keine Flasche da ist, kann ich sie auch nicht öffnen. Daher bin ich also dazu übergegangen, nur noch zwei Flaschen Wein pro Woche zu kaufen, um jeweils eine am Freitag- bzw. Samstagabend mit Ehefrau Nina zu teilen.
Das klappte in den letzten Wochen hervorragend. Ich verspüre keine Lust mehr, unterhalb der Woche Alkohol anzurühren. Und habe daher die Hoffnung, es noch nicht zum Alkoholiker gebracht zu haben. Grenzen sind hier sicher fließend, also wollte ich es ohnehin nicht auf die Spitze treiben.
Fazit: Es geht mir besser. Körperlich und geistig.

Aber das ist nicht meine eigentliche Sorge. Denn schlechte Angewohnheiten lauern bei mir überall, meine Anfälligkeit ist enorm.
Ich muss auch noch etwas anderes ändern.
Irgendwie habe ich es mir angewöhnt, den ganzen Tag auf den Bildschirm zu starren. Vielleicht normal, sollte man denken. Das ist es aber nicht. Denn es beginnt schon kurz nach dem Aufstehen, meist noch vor sechs. Meine Arbeit beginnt aber erst gegen acht. Oder neun. Und wenn ich damit fertig bin, abends irgendwann, setzt sich das ebenfalls fort. Dann häufig mit Netflix oder Prime. Oder was sonst gerade abonniert ist.
Das ist nicht gesund, ich merke es selber. Also möchte ich nächste Woche mal probieren, wie es anders geht. Und einfach eine digitale Auszeit nehmen. Zumindest im weiteren Sinne.
Ein paar Tage Urlaub könnten mir helfen. Und so werde ich es auch machen.
Der Plan ist: Morgens online kurz Nachrichten lesen. Vielleicht eine halbe Stunde. Dann meinen Blog schreiben. Dann erst einmal den PC ausschalten.
Einfach die Taste drücken.
Und Schluss damit machen. Und mal sehen, was geschieht.

Ich stelle mir das gerade so einfach vor. Aber das ist es nicht. Denn plötzlich werde ich eine Menge Zeit haben, die ich erst einmal nicht werde füllen können. So wie das eben im Urlaub so ist. Ich habe Pläne, die ich verfolgen will, denke mir gerade kleine Projekte aus. Und so muss es am Ende auch sein. Die Zeit ist dabei meine größte Herausforderung. Denn ich will sie sinnvoll und künstlerisch füllen. Abseits vom PC.

Es erinnert mich ein bisschen daran, wie ich damals versucht habe, mit dem Rauchen aufzuhören. Die körperliche Abhängigkeit war ich innerhalb weniger Tage los. Aber das war nicht das größte Problem. Noch Jahre später spielte ich oft mit einem Stift in der Hand. Keiner wusste, dass es sich dabei um einen Zigarettenersatz gehandelt hat. Oder die Pausen, damals noch in der Schule. Ich war noch nicht einmal 20. Die ließen sich kaum füllen ohne Kippe. Auch weil alle anderen Mitschüler draußen standen und sich zuquarzten.
Am Schlimmsten aber waren die Morgende. Das Kaffeetrinken. Ohne Zigarette am Anfang eine Qual.

Ich habe den Eindruck, dass es mir mit einer digitalen Abhängigkeit ähnlich gehen wird. Aber den Zigaretten habe ich auch abgeschworen. Daher bin ich zuversichtlich. Außerdem muss ich meinen PC-Konsum nicht auf Null reduzieren. Sondern eben nur auf ein gesundes Maß. So wie beim Wein.
Meine Hoffnung?
Dabei einige schöne Projekte zu schaffen.
Und vielleicht. Ja, vielleicht kommt am Ende ja ein neues Buchprojekt heraus.
Eine Herausforderung eventuell, der ich mich schon seit Jahren mal widmen möchte. Nämlich ein Buch innerhalb nur weniger Wochen zu vollenden. Viele Tausend Worte am Tag schreiben, drei bis vier Sessions. Und mal sehen, wo mich das hinbringt.
Ich bin gespannt, ob ich es am Ende auch wagen werde, denn die Möglichkeit besteht, dass dabei nur Unsinn herauskommt, unausgegorene Gedanken und verschwommene Charaktere. Aber am Ende des Tages ist das oft so bei meinen Romanen. Und ist nichts, wovor ich mich erschrecken müsste.
Also, ich hole mal tief Luft und versuche erst einmal, schlechte Angewohnheiten wieder loszuwerden.
Und dann sehen wir weiter.