Voll plätschernd

Viel gibt es nicht zu berichten.
Das Wochenende war wie die meisten, bestehend aus dem sinnlosen Konsum von Sportveranstaltungen, einigen Folgen von Netflixserien, die ich schon zu vergessen scheine, noch ehe ich sie vollständig gesehen habe, und, das ist vielleicht das einzig Positive, längeren Yoga-Sessions. Ansonsten haben wir es am Sonntag tatsächlich gewagt, in die U-Bahn zu steigen, um in Kreuzberg eine Runde zu drehen. Es war kalt, aber trotzdem scheint es bitter nötig gewesen zu sein.

Nichtsdestotrotz ist es ein trauriges Bild. Natürlich waren die Geschäfte zu, so wie sonntags immer. Aber in diesen Zeiten spielen Wochentage keine Rolle mehr. Auch die Cafés und Restaurants haben zu, bieten nur den Außerhaus-Verkauf an. Es wäre der perfekte Tag für einen Cafébesuch gewesen. Aber am Ende saßen wir nach einer Stunde, die wir in und um die Bergmannstraße herum verbracht hatten, wieder in der U-Bahn, wurden sogar auf der kurzen Strecke kontrolliert, später dann angebettelt. Wenigstens etwas ist in Berlin normal.

Ich weiß nicht.
Ich stehe morgens auf, bin bereits hundemüde, trotz der Tatsache, dass ich genug schlafe. Wenn ich für das Leben im Augenblick eine Bezeichnung finden müsste, würde ich „plätschern“ wählen. Es plätschert. Und zwar ständig, ohne Unterlass, immer in die gleiche Richtung. Es ist zum Aus-der-Haut-fahren.
Ich versuche, immer mal etwas Neues zu entdecken. Zum Beispiel das Hören von Hörbüchern über ein Abo. Es klingt besser als Netflix oder Prime, aber ich befürchte, dass es sich auch nur um eine andere Form der Zerstreuung handelt, die in einigen Monaten oder Jahren ebenfalls schal wird, so dass ich mich auch an die Bücher, die ich gehört habe, nicht mehr werde erinnern können. Es ist eine Zeit der Überflüssigkeit, die oberflächlich dahingeht, und keine Spuren auf unserer Reise des Lebens hinterlässt. Dabei wird meine Unzufriedenheit immer größer.
Der Witz ist, dass ich mich auch nicht mehr auf die Zukunft freue. Vollkommen abgestumpft blicke ich den nächsten Monaten entgegen, selbst die Tatsache, dass ich bald geimpft werde und damit auch wieder reisen kann, entzückt mich nicht. Es ist, als ob ich in einer Spirale aus Emotionslosigkeit säße, aus der ich nicht entrinnen und die ich somit auch nicht hinter mir lassen kann. Es ist eine müßige Angelegenheit, eine Abstumpfung der Persönlichkeit, die ich an mir selbst beobachte.
Manchmal sitze ich vor dem PC, sehe mir Reiseziele an und frage mich, ob ich da überhaupt hinwill. Gepflegte Langeweile, Trostlosigkeit, Interessenlosigkeit scheinen mich nun vollends im Griff zu haben.

Meinem Roman tut diese Form der Konzentration natürlich gut. Ich pflege ein strenges Schreibregime. Aber das ist letztlich auch nicht das, was kreative Arbeit ausmacht. Es fehlt an allem, nämlich dem Ausbruch aus der Misere. Dieses Buch kann ich noch schreiben, weil es sich ausschließlich mit Reisen in die eigene Gedankenwelt beschäftigt. Vielleicht geht das auch noch beim nächsten, wenn ich mich dazu noch aufraffen kann.
Wir werden sehen.

Es gibt ein englisches Sprichwort: It is always darkest before dawn.
Vielleicht ist das gerade so. Alles erscheint dunkel, doch die heiß erwartete Hoffnung steht bereits bereit, zum Anfassen nahe. Man sieht sie nur nicht, weil es gerade noch besonders finster ist.
Ich hoffe, dass das so ist.
Und stelle fest, dass man nicht jeden Tag positiv aufstehen kann. Und auch mal einige Tage in Folge.
So ist es eben.