Voll Karma, voll bitch
Und es ist wieder einmal geschehen.
Im Frühjahr erwischte es den (leider noch) Premierminister von Großbritannien. Der überstand die Krankheit eher schlecht als recht, hat noch heute Schwierigkeiten von den Nachwehen des eingekehrten Virus.
Dann Bolsonaro. Bei dem glaube ich bis heute nicht daran, selbst das Virus hat ja seinen Stolz.
Das Gleiche dachte ich gestern, als Ehefrau Nina mich um kurz nach sechs weckte und mir mitteilte, dass der Orange im Weißen Haus ebenfalls erkrankt sei.
„Fake News“, war der erste Gedanke. Doch konnte ich mich nicht noch einmal umdrehen.
Noch vor der morgendlichen Yoga-Session las ich die Online-Zeitungen. Das Ergebnis war dabei durchaus mager, Trump war mit dem Helikopter ins Krankenhaus geflogen worden, mehr wussten wir nicht.
Noch immer war ich überzeugt, dass es eine Ente war, ein Wahlkampf-Überraschungsei, wie 2016 die Emails von Clinton. Doch nach und nach wurde bekannt, dass sich weitere Leute in Trumps Nähe angesteckt hatten. Senatoren, Wahlkampfteam-Mitarbeiter, auch die Familie. So etwas kann man nicht auf Dauer faken, zu viele Menschen sind involviert, als das man es als Wahlkampf-Taktik beschreiben könnte. Das wäre schon längst aufgeflogen.
Trump ist wirklich krank.
Meine ersten Reaktionen darauf waren nicht gerade nett. Tut nichts weiter zur Sache.
Jedenfalls, um es kurz zu machen, wissen wir auch einen Tag später nicht genau, wie es dem einst mächtigsten Mann der Welt wirklich geht. In den letzten vier Jahren hat der es geschafft, ein derartig dichtes Lügennetz zu spannen, dass niemand mehr auch nur ein Wort glaubt, was aus seinem Mund oder aus dem seiner Mitarbeiter kommt. Auch widersprachen sich die Meldungen: Sauerstoffbeatmung, Atemschwierigkeiten, Fieber, dann wieder keines mehr, gut anschlagende Behandlung mit noch nicht zugelassenen Medikamenten (kann sich keiner ausdenken) und was weiß ich noch alles veröffentlicht wurde.
The White House had muddled the message, würde wohl ein Amerikaner sagen.
Ich denke allerdings, dass es einen Indikator gibt, der vielleicht die Messlatte für das Befinden des Orangen sein könnte: Twitter.
Und Twitter ist still.
Dutzende Tweets schießt diese schlechte Kopie eines Menschen am Tag heraus. Nicht gestern, nicht heute. Und ich vermute also: Jemandem geht es schlechter als er zugeben will.
Ich bin nicht der Einzige, der das vermutet. Aber letztlich wissen wir es nicht.
Was ich aber weiß: Niemand hat es sich so verdient wie Trump.
Er hat erst das Virus geleugnet. Dann hat er die Gefahren heruntergespielt. Dann hat er die Wirtschaft höher gestellt, als die Gefahr durch die Pandemie, die er weiterhin ignorierte. Sie passte nicht ins Weltbild. Selbst solch eine simple Geste wie das Tragen einer Maske wurde zum Politikum. Er und seine Anhänger, immerhin noch 40% der Bevölkerung, trafen keine Vorsichtsmaßnahmen.
Noch vor wenigen Tagen hat er in einem Interview mit dem Watergate-Journalisten Woodward von sich gegeben, dass er das Virus nicht fürchtet.
Mal ehrlich, tragisch ist das nicht.
Das ist schon mehr als eine Herausforderung an das Schicksal.
Es ist einfach die Folge seines eigenen Verhaltens. Und nun hat es ihn eben erwischt. It is no rocket science.
Inzwischen sind übrigens mehr als 200.000 Amerikaner an der Krankheit gestorben. Und es gibt Annahmen, dass diese Zahl siebenstellig werden könnte, bis Covid sich beruhigt hat. Damit wäre Trump der größte Schlächter seiner eigenen Bevölkerung. Durch seine Politik, indem er sich geweigert hat, die Pandemie ernst zu nehmen und Vorkehrungen zu treffen, so wie das in Neuseeland oder Deutschland geschehen ist, ist er direkt für die Ausmaße der tödlichen Krankheit in den USA verantwortlich.
Und nun hat es ihn selbst erwischt.
Wohl selten passte der Spruch so gut wie heute:
Karma is a bitch.
Schon vor Monaten schrieb ich, dass Covid einen Skalp braucht, damit es bei den wissenschaftsfeindlichen Skeptikern endlich einsickern kann, dass wir es nicht mit einer Grippe zutun haben.
Dieser Skalp wäre der Größte. Und damit auch der Wirksamste. Johnson war es nicht, Bolsonaro auch nicht.
Vielleicht also Trump?
Wir werden es sehen.
Und noch etwas zu den Anmerkungen von Leuten, die jetzt meinen, man dürfe nicht hämisch reagieren: Ich kenne niemanden, der nicht zumindest ein kleines Lächeln auf den Lippen hatte, als er die Nachricht von Trumps Erkrankung gehört hat. Schadenfreude gehört zum Menschen. Und wenn es den größten Bully erwischt, kann man sich das auch mal leisten.
Und am Schluss noch: Für den Menschen Trump tut es mir etwas leid.
Für den faschistischen „Politiker“, der er ist? Das könnte ich schreiben, wir haben ja Meinungsfreiheit.
Aber ich mache es nicht.
Schließlich kann sich das jeder selber denken.
Hier ein Link zum Coronavirus-Update mit Prof. Drosten.