Voll still

Und wieder ein Wochenende. Das dritte, seit diese Krise hier ernst genommen wird.
Ich habe gestern nicht geschrieben. Und das hatte einen Grund.
Der Tag begann langsam. Ohne Eile las ich Nachrichten, die sich in ihrer Ernsthaftigkeit seit Wochen kaum unterscheiden, jedoch selten Neues bieten. Das Virus schlägt zu, aber es gibt auch Erfolge. Zumindest in Deutschland und einigen anderen europäischen Staaten. In anderen Ländern haben die Regierungen später angefangen. Mit entsprechenden Folgen. Dort sieht es noch ziemlich düster aus.
Aber das ist nicht der Grund, warum ich schreibe.
Wie schon gesagt, gestern ließ ich alles ganz ruhig angehen. Ich war sehr früh wach, gegen sechs, nichts Ungewöhnliches für mich in dieser hellen Jahreszeit.
Es war anders als sonst. Wochenende. Ein Tag, an dem ich nicht arbeiten wollte, nicht einmal den Corona-Blog wollte ich schreiben. Gar nichts. Also im Grunde so wie vor einigen Wochen. Und trotzdem vollkommen anders. Denn es stand nichts auf dem Programm. Nicht einmal ein Café-Besuch, der auf den Kykladen schon einmal ein absoluter Tageshöhepunkt sein kann.
Nichts.
Und irgendwie freute ich mich darauf.
Zumal dieser Sonntag etwas brachte, das wir zuvor nur in sparsamen Dosen haben genießen können: den Frühling.
Ich poterte etwas herum, surfte ein bisschen. Dann, als endlich die Sonne um die Ecke kam, in diesem Fall unseren Balkon begann zu berühren, setzte ich mich nach draußen. Drei Quadratmeter Paradies. Voller Küchenkräuter zum Kochen, aber auch Oleander und einen Pflaumenbaum, den ich eigentlich schon längst im Garten habe einpflanzen wollen.
Hier nun genoss ich die Stille der beinahe autofreien Stadt und nahm endlich mal wieder ein Buch zur Hand. Ich habe selten Ruhe zum Lesen, vor allem wenn es um Geschichten geht. Und nicht um Geschichte oder Reiseführer, die ich in den letzten Monaten zur Vorbereitung meiner Reise konsumiert habe. Ich lese also viel, aber viel zu wenig Literarisches im klassischen Sinne. Heute also fand ich endlich die Muße dazu. Meine Gedanken hatten Pause, nicht gerade einfach für mich, aber es hat funktioniert. Zwei Stunden saß ich draußen, ließ mich im letzten Buch von Peter Mayle in die Welt der Provence der 80er entführen. Herrlich. Der Witz: Ich kannte alle Orte, die er erwähnt hat.
Gegen 14 Uhr kam Nina hinzu. Espresso auf der Terrasse sozusagen. Nicht in Kännchen. Aber Kuchen von gestern. Trotzdem Perfekt.

Abends dann konnte ich dann endlich wieder Pizza backen. Aus irgendeinem Grund habe ich Hefe bekommen. Ich weiß jetzt zwar, wie man sie wild macht und wie man sie vermehrt, wenn man nur noch einen Beutel hat. Wenn man aber gar keinen Beutel hat bzw. die wilde Hefe noch nicht reif ist, kann man gar nichts machen. So wie letzte Woche, als ich Pizza aus Mehl mit Backpulver zubereitet habe. War auch gut. Aber Hefeteig ist besser. Dazu wieder Wein. Aber das gehörte gestern einfach dazu.
Am Ende war ich vollkommen zufrieden, sogar ein bisschen müde vom Nichtstun.
Ich muss sagen, dass ich mich selten so gut zu Hause erholt habe. Ein bisschen Urlaub in den eigenen vier Wänden.
Es ist eine neue Erfahrung. Drei Wochen hat es gedauert, bis ich mich dazu habe durchringen können. Mal sehen, ob ich die Meisterschaft des sonntäglichen Nichtstuns irgendwann erreiche.
Oder ob der Virus doch bald seinen Schrecken irgendwie verliert und wir in das Hamsterrad unserer Zeit zurückkehren.

Hier ein Link zum Coronavirus-Update mit Prof. Drosten.