Voll Café

Schon wieder ein paar Tage nicht geschrieben.
Es fiel mir merkwürdig schwer, mich nach meinen zweieinhalb Wochen auf dem Brandenburger Grundstück wieder in Berlin einzuleben. Es ist auch merkwürdig, denn ich plane, bereits nächste Woche wieder für zwei Wochen in den Garten zu ziehen. Im Grunde wundervoll. Zwar arbeite ich viel, doch ist es ein großes Stück Erholung, nach Jahren der Arbeit am Schreibtischmal längere Zeit körperlich tätig zu sein, wenn es auch nur um meine stümperhafte Sanierung der Gartenlaube geht. Letztlich aber nutze ich sie, um mal ein paar Dinge auszuprobieren. Immerhin lerne ich einige Dinge. Man kann schließlich nicht immer nach einem Handwerker brüllen.

Die letzten Tage in Berlin waren jedenfalls wesentlich entspannter. Die Hauptstadt befindet sich irgendwie im Ferienmodus, will heißen: Sie ist wirklich leerer. Ich nehme an, dass viele Berliner in den Urlaub gefahren sind, eine Vorstellung, die eigenartig ist, aber wahrscheinlich nur mich überrascht. Denn viele Deutsche machen wie ich Urlaub im eigenen Land. Ebenfalls eine merkwürdige Idee. Aber keinesfalls mehr ungewöhnlich.
Jedenfalls genieße ich die Leere.
Berlin ist nie schöner als Anfang Juli, weniger Autos auf den Straßen, weniger Menschen in den Cafés (schon Corona-bedingt, aber jetzt noch weniger), generell läuft das Leben etwas entspannter.
Dabei haben wir am Freitag etwas gemacht, dass wir schon seit Monaten nicht mehr unternommen haben: Wir waren im Café Bilderbuch in Schöneberg frühstücken. Ich habe es im Grunde gar nicht als Rarität wahrgenommen, so sehr ist mir der Besuch eines Cafés generell in die DNA übergegangen. Auch wenn ich eigentlich nicht so gerne frühstücken gehe, sondern meist nachmittags nur einen Kaffee trinke, war es dennoch schön. Noch schöner aber: Ich hatte nicht einmal ein schlechtes Gewissen. Noch vor Wochen schien mir der Gedanke daran unvorstellbar. Aber hier draußen, im Innenhof eines prächtigen Altbaus, war kein Platz für schwere Gedanken. Unbekümmert zogen wir uns also die Köstlichkeiten auf unseren Tellern rein, bissen uns durch die üppigen Obstgelagen und schmierten die Brote mit exotischen Cremes und Dips voll.
Was für ein Gelage.
Kein Wunder, dass ich den Rest des Tages müßig und halb-liegend vor dem PC verbrachte, ohne etwas zustande zu bringen.

Aber ab heute wird wieder an der Webseite gearbeitet. Und auch das fällt mir schwerer als vorher. Ich beschäftige mich gerade für meine Webseite mit einer Reise zu den Kykladen, die ich 2015 unternommen habe. Und das ist gerade nicht besonders angenehm. Denn hier wären wir jetzt, wenn dieses Jahr halbwegs normal gelaufen wäre. Herrliche Strände, laue oder sogar heiße Nächte, Meer so weit das Auge reicht, all das sehe ich jetzt auf den Fotos, die ich online stelle. Dazu schreibe ich Texte, die die Tage damals in Worte fassen. Ich mache also genau das, was ich normalerweise heute machen würde. Nur ohne die unglaubliche Erfahrung selbst.
Und es ist nicht das Gleiche, etwas aus so ferner Vergangenheit zu beschreiben. Wirklich nicht.
Aber ich kann mich nicht beschweren. Und möchte das auch nicht. Trotzdem ist es ein bisschen Qual, aber das ist Arbeit für viele meiner Mitmenschen auch, ohne das Plaisir, sein eigener Herr zu sein.
Also durchhalten.
Ich bin sicher, dass ich in einigen Monaten auf diese Webseite schaue und zufrieden bin, dass ich es endlich mal gemacht habe. Schließlich wollen Tausende Fotos auch mal geordnet und beschriftet werden. Ohne Kontext sind sie kaum etwas wert.
Und insgeheim, ganz leise und fast heimlich, beschäftige ich mich schon wieder damit, die Reise nach Griechenland wirklich 2021 nachzuholen. Es scheint mir fast obszön, denn wie oft habe ich schon geschrieben, dass ich es mir nicht vorstellen kann. Allerdings gibt es Augenblicke, nie lang, selten intensiv, in denen ich mir erlaube, davon ein bisschen zu träumen. Abseits des Corona-Horrors, fern jeder Vernunft.
Aber konkret ist nichts, zwar habe ich mir eine neue Term-A-Rest-Matte ausgesucht, selbst-aufblasbar, doch weiter geht es nicht.
Ach ja, und einen Land-Seeweg nach Patras habe ich auch schon gefunden, mit dem Bus nach Venedig, von dort mit der Fähre, insgesamt drei Tage, wenn ich keine Zwischenpause einlege. Flug wäre wohl besser. Und ungefährlicher, schließlich ist der nach drei Stunden vorbei.
Und natürlich habe ich mir die Einreisebedingungen nach Griechenland angesehen, etwas kompliziert, mit QR-Code. Und eventueller Quarantäne.
Und als ich schon dabei war, habe ich natürlich auch mal Flüge angesehen. Ganz unschuldig, ohne Hintergedanke.
Also alles vollkommen harmlos und unkonkret.
Natürlich.
Wir sind ja verantwortungsbewusst. Und extrem vernunftgesteuert.

Hier ein Link zum Coronavirus-Update mit Prof. Drosten.