Voll indulgent

Also mal ehrlich: Seit wir hier in freiwillig-williger Isolation leben, schlemmen wir, was das Zeug hält. Ich habe selten so viele Rezepte ausprobiert wie in dieser Zeit. Spargel in Fonduesoße, neapolitanische Pizza, einige Versionen von herzhaften Nam-Broten. Und seit gestern auch noch eine spezielle Art von Zitronen-Kartoffel-Ecken.
Dazu dann Ofen-Blumenkohl, Faux-Tzatziki (ohne rohen Knoblauch, den ich schlecht vertrage), Salat und abgewandelte Keftedes, in meinem Fall Auberginen-Tomaten-Bällchen mit Feta. Der Wein fließt dann natürlich ebenso üppig. Ob das alles noch gesund ist, weiß ich nicht.

Es hat fast etwas von der berühmten spät-römischen Dekadenz, die ja in politischem Sinne ziemlich berühmt geworden ist. Nun ist sie also auch in diesen Haushalt eingezogen.
Das Gute dabei: Ich habe viel gelernt. Zumindest sind einige Rezepte dabei herumgekommen, die ich in meinen Koch-Alltag aufgenommen habe. Um es mal auszusprechen, ich bin derjenige hier, der für den Haushalt zuständig ist (auch wenn ich wenig Talent dafür habe, schieben wir es auf meine Weitsichtigkeit, die mich staubige Oberflächen als sauber erkennen lässt), während Ehefrau Nina für den Broterwerb sorgen darf. Ich bin ja brotloser Künstler. Grämlich, aber so ist es. Ich bin selbst schuld. Letztlich aber arbeite ich von Natur aus zu Hause, also hat sich für mich pro forma nichts geändert. Bis auf die Tatsache, dass Ehefrau Nina jetzt ebenfalls hier abhängt.
Trotzdem gönnen wir uns eine Menge an kleinen Besonderheiten in dieser Zeit. Und ich finde das wirklich wichtig. Also schaute ich mir gestern ein Rezept auf Youtube an, der Kanal von Chef John, Food Wishes, ist wirklich inspirierend.
Dort habe ich auch das Rezept für „Lemon Pepper Potatos“ gefunden. Unglaublich, wie ich ein Leben lang ohne habe verbringen können. Eigentlich war es bis gestern nichts wert.
Es dauert lange, diese knusprig-herzhaften Kartoffelscheiben zuzubereiten, immerhin muss eine Gemüse-Zitronen-Jus vollständig einkochen, um die Kartoffeln zu karamellisieren. Aber wenn das erst einmal geschafft ist: Hut ab.
Als Nächstes möchte ich mich nochmals an Seitan heranwagen. Das ist mir vor etlichen Jahren nicht gelungen, aber langsam kann ich es mal wieder in Angriff nehmen.
Und da ist natürlich Chef Johns Apple Crumble.
Oh weh.
Indulgen wir mal nicht zu viel.

Und noch eine Kleinigkeit:
Gestern hat mir Ehefrau Nina mitgeteilt, dass ihr Aufenthalt hier in Form von Home-Office noch bis Ende Juni dauern wird. Mindestens. Ich habe mich daraufhin mit meiner Katze Daisy in eine stille Ecke zurückgezogen, wir beide haben dann ein bisschen geweint.
Ich glaube, ich habe es schwerer genommen als Daisy, die allerdings seither kaum unter dem Bett hervorgekommen ist. Sie leidet sowieso lieber allein. Rule and sacrifice, typisch britisch eben.
Langsam wird es Zeit für mich, damit zu beginnen, nach einem Impfstoff zu forschen. So darf das nicht weitergehen.
Ich kann so nicht arbeiten.

Hier ein Link zum Coronavirus-Update mit Prof. Drosten.