Voll ausgeblendet

Langsam, ganz langsam, entfernt sich unsere Gesellschaft von Corona.
Es ist kein Paukenschlag, der ertönt, wenn die Pandemie vorbei ist, kein Stichtag, der gilt und ab dem alles vorbei ist, auch keine große Feier.
Nein, alles geschieht schleichend. Nach einem Jahr, in dem die Pandemie den Alltag in den Nachrichten beherrscht hat, rücken nun, da die Inzidenzen sinken, allmählich andere Themen in den Vordergrund. Nicht dass das besser wäre, geht es doch um den aufflammenden Krieg im Mittleren Osten und auch um die sicher anstrengende Frage um die neue Kanzlerin im September.
Corona selbst kommt natürlich auch noch vor, muss sich aber inzwischen gegen andere Ereignisse behaupten. Ich rechne damit, dass das noch ein paar Monate so weitergehen wird, dann wird Corona auch in den Nachrichten langsam verblassen. Vielleicht wird es nie ganz verschwinden, aber in einem Jahr werden wir fragen, was eigentlich aus der Pandemie geworden ist.

Kürzlich haben in Spanien Menschen auf der Straße gefeiert, weil die strengen Auflagen gelockert werden konnten. Das war natürlich ein bisschen dumm, denn die Krankheit hat ja nicht aufgehört zu existieren. Aber als ich davon gehört habe, empfand ich es beinahe als schade, dass wir diese Art von Feier nicht erleben werden. Ich würde mir ein solches Ereignis wünschen, vielleicht auch einen Feuertag mit großem Volksfest-Charakter, an dem wir uns daran erinnern können. Denn es gibt eigentlich nichts Schöneres, als eine schwere Zeit einigermaßen gut überstanden zu haben. Deshalb konnte ich die Spanier so gut verstehen. Aber auch die, die dieses Verhalten kritisiert haben.

Vielleicht machen wir so etwas in der Art in kleinerem Kreis. In zwei Wochen (und drei Tagen) sind Ehefrau Nina und ich mit der zweiten Impfung an der Reihe. Natürlich haben wir danach noch nicht den vollen Schutz, aber genug, um uns nicht immer ängstlich nach anderen umsehen zu müssen. Wahrscheinlich wird das nicht aufhören, das Aus-dem-Weg-gehen, die weiten Bögen, die wir um andere machen. Und manchmal frage ich mich, ob es jemals wieder zu dieser Normalität kommen wird, in der wir Fremde auf der Straße nicht mehr als potentielle Krankheitsträger behandeln werden. Das wird sicher eine Weile dauern.

Durchhalten ist also weiterhin das Gebot der Stunde. Aber es scheint, dass langsam ein Lichtstreifen am Horizont erscheint. Nicht nur für mich als bald vollständig Geimpftem, sondern für uns alle. Natürlich werden einige Debatten noch eine Weile weitergehen, schließlich ist die Zweite und Dritte Welt die Impfungen betreffend noch hinterher, aber hier werden sich Lösungen finden lassen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Erste Welt solidarisch sein wird, schon aus Eigennutz, denn die Mutationen, die zurzeit in Schwellenländern entstehen, bedrohen auch uns. Und Impfungen können diese zwar nicht verhindern, aber immerhin abschwächen. Auch bin ich mir ziemlich sicher, dass wir uns alle früher oder später mal mit Corona infizieren werden, diese Krankheit aber aufgrund von Immunität an Schrecken verlieren wird. Somit bliebe also noch vieles, das gesagt und geschrieben werden könnte. Aber ich glaube, dass ich es nicht sein werde, so wie ich es im letzten Blogeintrag schon angekündigt habe.
Ich habe mich jetzt entschieden, mal nach draußen zu gehen, um den Frühling zu genießen. Nur ein kleiner Spaziergang. Wieder mal die simplen Freuden des Lebens erleben.
Und das mache ich jetzt auch.