Voll kleine Schritte

Viel geschieht im Augenblick nicht.
Auch wenn das Land sich langsam öffnet, scheint sich der mediale Zirkus etwas wegzubewegen. Längst stehen andere Themen im Vordergrund, was wahrscheinlich normal ist. Heute sind es die Zustände in Schlachthöfen oder der abnehmende Einfluss der USA auf der Weltbühne. Durchaus also Themen, die unter normalen Umständen Beachtung finden würden und jetzt auch wirklich finden.
Ich bin der Auffassung, dass das ein gutes Zeichen ist, denn wir müssen dazu übergehen, uns wieder um die Welt zu kümmern, die uns umgibt. Corona hat natürlich Einfluss darauf, das lässt sich nicht leugnen. Aber es hat auch Auswirkungen, die wir zwei Monate ein wenig vernachlässigt haben.
Dabei ist es eine interessante Zeit in vielerlei Hinsicht. Voller Änderungen und Entwicklungen. Nicht alle empfinde ich als positiv, mir fehlt immer noch die Hinwendung zur schlimmsten Krise seit 75 Jahren: der Klimawandel, der vollkommen unterzugehen scheint. Leider ebenso wie die Umfragewerte der Grünen, die, wie alle anderen Oppositionsparteien auch, zurzeit keine Bühne bekommen.
Positive Zeichen sehe ich allerdings auf europäischer Ebene, wo Politiker langsam begreifen, dass die Zusammenarbeit und Solidarität noch intensiver gestaltet werden muss. Ich sehe uns in Europa eigentlich dafür gewappnet, diese Krise gut zu überstehen, auch in wirtschaftlicher Hinsicht, weil wir nicht nur gute Gesundheitssysteme haben, sondern auch gute Sozialsysteme. Es wird sicher teuer, auch werden Steuern erhoben werden, direkt oder indirekt, aber mir ist das lieber, als Teile der Bevölkerung ihrem Schicksal zu überlassen. So wie es in den USA geschieht. Und bald wahrscheinlich auch in Groß-Britannien.

Aber mal zu etwas anderem.
Heute treffe ich einen alten Freund. Es ist damit auch das erste Mal seit zwei Monaten, dass ich einen sozialen Kontakt in Person pflege. Das Treffen findet in seinem Garten statt, wir werden Abstand halten, trotzdem ist es gut, dass wir wieder anfangen, uns wie normale Menschen zu bewegen. Jeden Tag ein Stück mehr.
Allerdings ist alles andere, das für uns interessant wäre, noch in weiter Ferne. Museum, Kino, Restaurant – all das könnte es natürlich wieder geben, denn die Häuser machen nach und nach wieder auf. Aber es ist einfach zurzeit für uns nicht vorstellbar. Vielleicht aber ist es wie mit meinem heutigen Besuch, der ebenfalls vor ein paar Wochen noch in weiter Ferne schien: Es wird einfach irgendwann wieder normaler werden, darüber nachzudenken. Dann, wenn man nachdenkt, plant man. Und dann probiert man es einfach.
So können wir einen Schritt in Richtung Leben nehmen, einen Schritt nach dem anderen.
Ob ich allerdings nächstes Jahr dazu komme, meine geplatzte Griechenland-Reise zu unternehmen, weiß ich noch nicht. Ich würde es gerne hoffen, wage es jedoch nicht.
Aber vielleicht, wenn wir genug Schritte gegangen sind, gewöhnen wir uns eventuell auch daran, wieder wegzufahren.
Nicht dieses Jahr.
Aber im nächsten.
Vielleicht.

Hier ein Link zum Coronavirus-Update mit Prof. Drosten.