Voll mutiert

Jetzt ist es also geschehen.
Wissenschaftler haben es seit Monaten vorhergesehen.
Das Virus ist mutiert. Noch hat sich unser Corona-Vorzeige-Wissenschaftler zu diesem Thema nicht geäußert, auf seine Erläuterung warte ich noch. Drosten jedenfalls warnte heute schon vor Panikmache.
Eine kleine Katastrophe anderer Art ist dennoch schon eingetreten.
Kurz zusammengefasst, denn es geht hier eher um einen Polit-Krimi, der aus dem Ruder gelaufen ist:
Am Mittwoch hat Premierminister Johnson in Großbritannien im sogenannten PMQ, „Prime Minister’s Questions“, in der der Premier im Parlament wöchentlich sechs Fragen des Oppositionsführers beantworten muss, Keir Starmer (Leader of the opposition) angegriffen. Starmer wolle Christmas canceln. Johnson war dabei der Ansicht, dass an Weihnachten kaum coronabedingte Einschränkungen gelten sollten.

Ironischerweise kam es dann natürlich anders.
Denn vorgestern, am Samstag, stellte sich Johnson in einer Pressekonferenz vor die Kamera und teilte mit, dass Christmas nun doch weitgehend gecancelt ist (diese Ironie), weil der Virus mutiert sei und nun um bis zu 70% ansteckender wäre.
Dazu muss man wissen, dass die Corona-Zahlen in Großbritannien wie auch bei uns in Deutschland, durch die Decke schießen. Berechtigt ist also eine solche Maßnahme, wäre sie aber auch schon am Mittwoch zu Zeiten von PMQ gewesen.
Meine erste Reaktion aber war: Johnson spricht selten die Wahrheit, hat er also die angebliche Mutation des Virus für seinen politischen Spin genutzt, um seinen U-Turn zu vollziehen? Ich war mir fast sicher, dass es so war, die angebliche Mutation also ausgedacht, eine politische Finte grausamster Art.

Was allerdings folgte, entzog sich auch der Kontrolle des Prime Ministers. Denn heute Nacht hat Frankreich für 48 Stunden die Grenze zu Großbritannien geschlossen, einschließlich des Hafens Calais und den Eurotunnel. Im Enddefekt hat Europa Großbritannien isoliert. Und zwar nicht nur für Passagiere, sondern auch für den Warenverkehr. Zwar dürfen LKWs noch in Richtung Großbritannien fahren, aber dann nicht mehr zurück.

Die Staus in Kent, dem Garten Englands, sind schon jetzt, wenige Stunden nach der Schließung der Grenzen, kilometerlang. Schon gibt es erste Warnungen von Warenengpässen in Supermärkten. Nach nur einigen Stunden.
Und das ist erst ein Prélude zu dem, was sowieso ab dem 1.1.2021 kommen wird, ob mit Deal oder ohne. Das, wovon Remainers seit Jahren warnen. Großbritannien schafft es nicht einmal, nur wenige Stunden abgekoppelt vom Kontinent zu überleben. Wie soll es dann den Brexit dauerhaft überstehen?
Ich muss zugeben, dass mich diese Angelegenheit schadenfreudiger zurücklässt, als mir lieb ist. Endlich werden sie wahr, diejenigen Szenarien, die bislang von Brexitears als Project Fear bezeichnet und somit geleugnet wurden. Wir hatten recht. Und alle die, die den Brexit unterstützt haben, hatten unrecht oder haben gelogen. Aus welchen Gründen auch immer. Mich lässt das sowohl befriedigt als auch verängstigt zurück. Denn, wie immer, leiden auch die Unschuldigen, also die Briten, die den Brexit mit aller Macht verhindern wollten.
Aber diese Saga wird wohl noch ewig weitergehen.

Jedenfalls wächst in mir trotzdem langsam die Sorge, dass diese Mutation wirklich existieren könnte. Denn auch Wissenschaftler in Großbritannien haben sich inzwischen zu Wort gemeldet. Ernsthafte Wissenschaftler, das muss man bei den Briten dieser Tage ja leider dazu schreiben.
Jetzt befürchte ich, dass die anstehende Impfung gegen diese Mutation nicht helfen könnte. Was wäre, wenn das Virus uns die nächsten Jahre vor sich hertreibt? Wenn 2020 kein Einzelfall war, sondern ab jetzt die Regel?
Nicht auszudenken.
Panik.
Drosten, wo bist du, wenn wir dich am meisten brauchen?
Ich bin sicher, dass er sich bald melden wird. Wir brauchen das jetzt.

So, genug schwarzgemalt. Der Impfstoff ist von der EMA freigegeben. Es kann losgehen.
Ich mache schon mal den Arm frei.