Voll negativ – warum eigentlich?

Schon in meinem ersten Marketing-Seminar (ja, das hört sich heute komisch an, aber ich habe das studiert) lernte ich, dass eine schlechte Nachricht die Wirkung von zehn guten geradezu auslöschen kann. Will heißen: Wir Menschen scheinen uns mit allem, was wir haben, auf das Negative in unserer Umgebung zu stürzen. Kaum macht ein Unternehmen einen Fehler, wird es mit Häme überschüttet. Drückt ein Politiker sich unglücklich aus, folgt der Spott und die Hysterie auf dem Fuß.
Vielleicht lieben wir deshalb das Internet so sehr, es ist in jeder Hinsicht der filterlose Kübel von gesammeltem Mist, eine Quelle von Übel, an dem sich jeder bedienen kann, der auf schlechte Nachrichten steht.

Und gerade weil ich weiß, welche Faszination Negativität auf uns ausübt, möchte ich dagegenwirken. Gerade in dieser Zeit, in der es so viele schlechte Nachrichten aus Italien, Frankreich und zunehmend auch aus den Staaten und Groß-Britannien gibt.

Heute war ich einkaufen. Das riesige Kaufland bei uns um die Ecke war um acht Uhr morgens ausgesprochen leer. Viele Menschen trugen Atemschutzmasken, alle gingen sich aus dem Weg, respektierten die ein bis zwei Meter Abstand. Es war ein diszipliniertes Unterfangen, das mich beruhigte und ahnen ließ, dass die meisten Menschen jetzt wissen, dass wir es mit einer ernsten Situation zutun haben. Ich halte das für eine positive Nachricht. Denn gemeinsam ist es immer leichter, vor allem wenn alle verstehen, was auf dem Spiel steht.

Noch viel gewaltiger ist allerdings die unglaubliche gegenseitige Unterstützung, die die Menschen anbieten und auch annehmen.
Auf nebenan.de, eine Plattform, die sich aus Menschen in der Nachbarschaft zusammensetzt, posten schon seit Tagen Leute, die ihre Hilfe für andere anbieten, die im Augenblick lieber gänzlich drinnen bleiben. Einkaufen, Medikamente aus der Apotheke holen, mit dem Hund Gassi gehen – es ist eigentlich alles dabei. Hier hole ich mir auch manchmal Eingebungen für diesen Blog.

Eine persönliche Erfahrung habe ich sogar mit folgender Plattform gemacht, auf die ich ebenfalls durch nebenan.de aufmerksam wurde: https://www.quarantaenehelden.org/#/
Hier bieten Leute ebenfalls ihre Hilfe an. Ehefrau Nina hat vor zwei Tagen eine Anfrage für Schwiegermutter Ellen gestellt (die in Spandau wohnt, wir in Tempelhof). Sie braucht nicht viel, ein frisches Brot, ein bisschen Joghurt. Es hat keine fünf Minuten gedauert, dann waren die ersten beiden Antworten im Postfach. Und es wurde besser, viele Menschen boten ihre Hilfe an. Es ist wahrhaft überwältigend. Zwei Tage später hat sich Schwiegermutter Ellen dann wirklich durchgerungen, diese Hilfe auch in Anspruch zu nehmen. Ist ja nicht immer leicht sich einzugestehen, Hilfe zu brauchen.

Ebenfalls auf nebenan.de stand folgende Webseite:
https://www.corona-und-resilienz.com
Nicht jeder von uns kommt mit der Isolation oder seinen Ängsten zurecht (kann ja nicht jeder eine schizoide Persönlichkeitsstörung haben wie ich). Auf dieser Plattform findet jeder Hilfe. Dabei handelt es sich um telefonisches Coaching, Übungen und Meditationen.
Psychologen, Coaches, Therapeuten kümmern sich um diejenigen Menschen, die mit der Situation überfordert sind. Ehrenamtlich.
Ich selbst habe nicht angerufen, aber wenn ich den Meinungen bei nebenan.de folge, dann haben die Menschen dort sofort Hilfe erhalten. Beinahe enthusiastisch hörten sich die Leute an, die angerufen hatten.

Auf die Gefahr hin dass ich mich wiederhole: Auch die Menschen an den Supermarktkassen helfen uns allen mit ihrer Arbeit, die in den letzten Wochen ganz sicher doppelt so schwer ist wie sonst. Und die Ärzte, Krankenschwestern, Pflegern, Putzhilfen in medizinischen Einrichtungen und noch so viele mehr. Sie alle sorgen dafür, dass das System am Laufen bleibt. Und wir alle ein zwar eingeschränktes, aber trotzdem noch ziemlich bequemes Leben haben.

Wenn wir zusammenhalten, wird alles leichter. Und diesen Zusammenhalt gibt es wirklich. In den letzten Jahren wurde immer von einer gespaltenen Gesellschaft gesprochen. Hier und heute kann ich sagen: Hier ist nichts gespalten. Die Krise, so schlimm sie auch ist, verbindet uns.
Und: Das Gute befindet sich überall. Man muss selbst in diesen Zeiten nicht einmal genau hinsehen. Es ist einfach da, allgegenwärtig.
Und vielleicht ist das die grandioseste Erkenntnis der letzten Wochen.

Hier ein Link zum Coronavirus-Update mit Prof. Drosten.