Voll Delta

Jetzt hatte ich doch glatt gedacht, dass alles vorüber wäre. Ich Dummerchen. Die Infektionszahlen gehen in Deutschland rasant zurück, die Leute lassen sich in Heerscharen impfen und auch wir haben seit letzten Sonntag den vollständigen Impfschutz mit Moderna. Unsere zweite Impfung war zwei Wochen her. Sogar unser EU-Zertifikat, das uns als geimpft ausweist, haben wir ungefragt per E-Mail zugesandt bekommen.

Und trotzdem ist nicht alles in Ordnung, weil das Virus mit der Menschheit noch nicht fertig ist. Aus Indien schwappt gerade die Delta-Variante zu uns herüber. Und sie wird zunehmen. Diese Mutante ist aggressiver und ansteckender als andere zuvor. In GB, das in Europa impftechnisch am weitesten ist, steigen die Infektionszahlen gerade gewaltig. Und es ist nur eine Frage der Zeit, bis das auch bei uns geschieht. Denn Delta ist bereits hier. Schon 35% der Fälle gehen auf diese Variante des Coronavirus zurück.
Tolle Aussichten.

Und jetzt kommt meine Befürchtung: Wenn dann alle Familien im Ausland ausgeruht und wundervoll geurlaubt haben, werde die Grenzen wieder geschlossen, just in dem Augenblick, in dem wir im September wegfahren wollen. Ich sehe es förmlich vor mir. Ich weiß nicht, warum ich dieses Mal so pessimistisch bin, aber ich kann es mir bildlich vorstellen. Erst werden die Grenzen geschlossen, dann die Flüge gestrichen. Oder, schlimmer noch, es passiert, wenn wir bereits in Griechenland sind.

Die Sache ist die: Ich bin inzwischen so egoistisch und motiviert, dass es mir in dem Moment egal wäre, in dem ich in Griechenland angekommen bin. So verzweifelt bin ich wegen des dringend herbeigesehnten Tapettenwechsels. Dann würden wir zwar feststecken, aber das wäre mir fast egal Es gäbe schlimmeres, als in Griechenland den Spätsommer verbringen zu müssen. Mir wäre es auch egal, ob ich nach der Reise für zwei Wochen in Quarantäne gehen müsste. Mir wurscht. Rutscht mir den Buckel herunter. Wir haben schon das letzte Jahr in Berlin verbracht, das wird nicht noch einmal geschehen.

Wahrscheinlich aber passiert es nicht. Wahrscheinlich fliegen wir wie geplant ab, verbringen die Zeit unseres Lebens zuerst auf den Kykladen auf Naxos, Amorgos und Donoussa, danach ich allein auf Kreta. Trotzdem spüre ich die Aggression in mir aufsteigen bei dem Gedanken an die endlose Pandemie, die uns ständig im Leben herumpfuscht. Kaum auszuhalten.

Im Moment bin ich gerade auf dem Datschengrundstück und renoviere weiter die baufällige Hütte, die eigentlich nicht mehr baufällig ist. Sie ist jetzt wieder in einem bewohnbaren Zustand, mehrere Wände sind ersetzt, Teile des Daches sowieso. Plötzlich riecht es nicht mehr so faulig, die Wände sind wieder gerade und alles wirkt fast neu. Natürlich ist es noch lange nicht fertig. Ich muss dieses Jahr noch einen Teil des Bodens fliesen. Aber das wird nicht so schlimm werden.Denke ich mir zumindest. Ansonsten ist der Garten wieder vollkommen vertrocknet. Trotz einiger Regengüsse wirkt die Gegend versteppt, und das schon im Frühsommer. Zwei Tage über 35 Grad waren für die meisten Pflanzen schon wieder zu viel. Zwei meiner vier Obstbäume sind eingegangen. Nur der Wein und der Lavendel sprießen, auch den meisten mediterranen Kräutern geht es noch gut. Leider zeigt auch der teure Blauregen Verfallserscheinungen. Gerade eine Woche war ich nicht hier, um ihn zu gießen, das hat schon gereicht. Ich werde jetzt davon absehen, viel Geld für Pflanzen auszugeben. Es hat ja doch keinen Sinn, wenn man den Garten nicht als Lebensmittelpunkt betrachtet. Der Rasen jedenfalls ist schon wieder vollkommen braun und in Teilen auch verschwunden. Ich müsste ihn jeden Tag gießen. Und das eigentlich 24 Stunden lang. Das ist ein bisschen viel, finde ich.

Morgen ist Sonntag und ich brauche dringend einmal Pause. Die nehme ich mir. Und nächste Woche dann werde ich 51.
Das Jahr verging schnell.
An und mit Corona.