Voll Party

Ich kann sie verstehen.
Wirklich.
Die jungen Leute, die in letzter Zeit in Berliner Parks feiern. Wenn man den Berichten Glauben schenken mag, dann veranstalten die Party Animals ganze Raves auf offenem Gelände. Berlin ist schon seit Jahrzehnten Feier-Welt-Metropole. In soweit ist es also nicht ungewöhnlich, dass das jetzt geschieht.

Die Partys sind natürlich illegal. Die Anwohner im Park am Gleisdreieck tun mir leid, ebenso wie die Anwohner in Mitte, die ebenfalls sicherlich ziemlich beschallt werden. Das ist die eine Seite.
Die andere: Corona.
Hunderte Menschen versammeln sich dabei und raven, was das Zeug hält, mit allem, was dazugehört: Alkohol, Drogen. Und sicher auch Sex, auch wenn ich davon noch nichts gehört habe. Die leben eben ihre Jugend aus. So wie wir früher.
Und sie gefährden sich. Und andere.
Vielen ist das egal.
Was ich mit dem heutigen Beitrag auf keinen Fall machen will, ist, mit dem Finger zu zeigen.
Im Gegenteil: Besonders junge Menschen sind durch das Virus kaum gefährdet. Sie erkranken selten, sterben noch seltener.
Und sie sehen ziemlich klar, dass sie die Corona-Verlierer sind. Sie sind diejenigen, die am meisten verzichten müssen.

Was junge Menschen aber ebenfalls sehen: Diejenigen, die sie schützen sollen, nämlich die Älteren, sind im Moment genau die, die keinerlei Solidarität mit den Jüngeren zeigen. Ich hatte etwas ähnliches schon einmal vor einem halben Jahr formuliert, daher ist es an der Zeit, das mal Revue passieren zu lassen. Damals wie heute ist die Klima-Krise eigentlich das dringendste Problem. Doch hier zeigt sich, dass die ältere Generation kaum bereit dazu ist, der jüngeren zuzuhören. Immer, wenn es darum geht, mal etwas zu verzichten, zum Nutzen der Umwelt, kommt ein derartiges Gekreische von der konservativ-älteren Generation, dass es kaum zum Aushalten ist. Ob Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren, Fernreisen, Infrastruktur für Radfahrer oder Fußgänger, Fleischkonsum – nichts bewegt sich.
Anstatt sich also mit den Jüngeren endlich solidarisch zu erklären, wird eine echte Debatte verweigert.
Kommentar zur Fridays for Fiture aus dieser Ecke kann man übrigens kaum wiedergeben. Infantilisierung ist da noch das Harmloseste. Diese Gören, wie können die nur.
Hier aber erdreisten sich die gleichen Leute, welche auf die jungen Feiernden schimpfen wie die Rohrspatzen. Hier werden monetäre Strafen gefordert, manchmal sogar Gefängnis für dieses aufmüpfige Volk. Die gleichen Leute also, die hier meckern und Solidarität für sich einfordern, sind aber nicht in der Lage, sie bei der Klima-Krise auch nur anzudenken. Geschweige denn zu verzichten.
Ganz schön einseitig, meine lieben Boomer.
Wundert Ihr euch eigentlich nicht, dass die jungen Leute euch nicht mehr ernst nehmen?
Ich kann sie verstehen, wenn die jetzt leben wollen. Denn ihre Zukunft sieht angesichts des Klimawandels eben nicht so rosig aus.

Um diesen „Rant“ jetzt nicht vollkommen unreflektiert stehen zu lassen, möchte ich noch ein paar Worte sagen. Natürlich ist das eine ziemlich stereotype Art, die Situation zu beschreiben. Aber Stereotype entstehen eben nicht umsonst. Sie sind oft gesellschaftlich nachvollziehbar. Und sie sind oft nicht zu leugnen, weil immer ein Teil darin steckt, der wahr ist.
Was in jedem Fall stimmt, ist, dass junge Menschen mildere Verläufe haben. Was aber nicht heißt, dass eine Corona-Erkrankung nicht immense Folgeschäden haben kann. Auch bei jungen Menschen.
Ich habe heute ein  Tagesspiegel-Interview gelesen, mit einem Redakteur, der diese Krankheit überstanden hat. Kein junger Mensch, trotzdem unheimlich lesenswert.
Harte Lektüre.
Empfehlenswert.
Denn das ist etwas, dass durchaus jedem passieren kann.
Party ist also keine besonders gute Idee.
Auch wenn ich es verstehen kann.

Hier ein Link zum Coronavirus-Update mit Prof. Drosten.