Voll Gutschein

Ich habe Post bekommen.
Gestern hat mich die „Bundesregierung“ angeschrieben. Als ich den unscheinbaren Umschlag öffnete, dachte ich erst an ein ziemlich schlecht gemachtes Werbeschreiben. Ich bin immer skeptisch bei Briefen, muss ich dazu sagen.
Meine Skepsis aber stellte sich als unbegründet heraus. Tatsächlich hatte ich persönlich, Torsten Thoms aus B. an der S. ein Anschreiben von der Bundesregierung bekommen. Wahrscheinlich hat ihn Merkel persönlich adressiert und in den Umschlag gesteckt, aber vor Aufregung vergessen zu unterschreiben. Egal, ich bin bei solchen Dingen nicht nachtragend.

Mit Interesse las ich also, was mir die Bundesregierung denn mitteilen wollte.
Ich brauchte das Schreiben nur überfliegen, dann wusste ich es. Denn es lagen auch Gutscheine bei.
Und darüber staunte ich nicht schlecht.
Denn bei den Gutscheinen handelte es sich um zwei Berechtigungsscheine für jeweils sechs medizinischen Gesichtsmasken.

Ich war wirklich perplex.
Ich bin gerade 50 geworden. Und ich bin offensichtlich nun auch offiziell in einer Risikogruppe. Es stimmt sogar ein bisschen, denn ich habe tatsächlich etwas Asthma, das aber derartig gut unter Kontrolle ist, dass ich es kaum zu erwähnen wage. Einmal am Tag brauche ich einen Stoß aus dem Inhalator, ein Langzeitmedikament, dessen Benutzung mir kaum auffällt und das ich manchmal vergesse, ohne dass mir dadurch physische Unannehmlichkeiten entstehen. Ich spüre es meistens nur minimal am nächsten Tag.
Und ich bin also in dieser Risikogruppe.

Der Witz dabei ist, dass Schwiegermutter Ellen, die in einer Woche 70 wird und an wirklich schwerem COPD leidet, in der gleichen Gruppe zu finden ist wie ich. Schon alleine diese Vorstellung stößt mir bitter auf, denn sie hat noch gar keine Maskengutscheine bekommen.
Nicht, dass sie sie unbedingt bräuchte, sie geht ja auch nicht raus.
Was ich mich allerdings fragte: Woher weiß die Bundesregierung, dass ich Asthma habe? Ein wenig Recherche gab mir dann eine ungefähre Antwort: Die Krankenkassen haben es sicher gemeldet. Aufgrund der Diagnosen der Ärzte kennen die natürlich jeden Patienten, wenn nicht persönlich, so doch deren Krankheiten. Und die haben diese Informationen natürlich an die Bundesregierung weitergeleitet. Jetzt weiß Merkel, dass ich Asthma habe. Ganz schön peinlich. Ich weiß von ihr gar nichts.
Irgendwie gemein.

Der eigentlich wichtige Punkt kommt aber noch, denn, um ehrlich zu sein, Masken sind mir im Grunde ziemlich egal, wir haben uns sowieso gerade eingedeckt, Amazon macht es möglich.
Es ist eher der Umstand, dass ich als Risikopatient noch nicht in der nächsten Welle mit der Impfung an der Reihe bin, aber in der Übernächsten. Ich bin in der Gruppe der Menschen 60+ oder Menschen mit Vorerkrankungen. Wenn alles gut läuft, was man nicht weiß, könnte ich theoretisch von Mai bis August mit der Impfung rechnen. Und der Witz ist: Schwiegermutter Ellen ebenfalls.
Es ist ein bisschen ungerecht.
Das steht, so denke ich, außer Frage. Aber letztlich können wir es alle nicht ändern, denn die Impfeinladungen gehen automatisch heraus, wir können es uns nicht aussuchen. Und tauschen können wir auch nicht, sonst würde ich ihr meinen Termin geben, wenn ich eher dran sein sollte.
Es ist müßig zu spekulieren. Vielleicht rutscht sie nächste Woche automatisch in die Gruppe der Menschen 70+, dann wäre sie früher an der Reihe. Und ich würde mich nicht mehr so schuldig fühlen.

Unabhängig davon, es wäre natürlich fantastisch, diese Impfung recht zeitnah zu bekommen. Irgendwann im Sommer, dann wäre es sicherer.
Ob es soweit kommt, steht allerdings in den Sternen. Die Produktion der Impfstoffe stockt ein wenig, was zu erwarten war. Natürlich scharren alle mit den Füßen, was allerdings auch nicht hilft.
Ich schrieb es vor einigen Tagen schon einmal:

Wir müssen Geduld haben.
Und mit der Tatsache, automatisch in die Risikogruppe eingestuft worden zu sein, ist das eigentlich noch leichter.
Das Ende ist in Sicht.
Und darüber bin ich heute ungemein froh.