Voll Baustelle

Die letzten Tage haben wir tatsächlich damit angefangen, das Laubendach zu ersetzen. Fast wie erwartet, aber nicht wie erhofft, waren Teile des Daches aufgeweicht. Das Material, in der Art von OSB-Platten, wahrscheinlich DDR-Fabrikat, hat sich teilweise schon beim Ansehen aufgelöst. Oder es ließ sich auswringen wie ein Schwamm. So nass war es in Teilen. Zusammengehalten wurde das Dach nur von sechs bis acht Lagen Dachpappe, zusammengeschmolzen zu riesigen Brocken Teer, den Handwerker Klaus und im geringen Maße auch ich von den „Holzteilen“ kratzten. Danach mussten wir erneut zum Baumarkt, um Siebdruckplatten für die neue Dachkonstruktion zu besorgen. Der erste Tag also endete mit reinen Vorarbeiten und Besorgungen. Der zweite übrigens auch. Stundenlang versuchte Handwerker Klaus, die alten Platten von den Wänden zu lösen. Denn dort, wo sie festgeschraubt waren, waren sie natürlich fest und unbeweglich. Genauso wie die alten verrosteten Schrauben. Aber am Ende des zweiten Tages lagen dann wenigstens die neuen Platten auf dem Dach.

Den Sonntag „verloren“ wir dann Dank der Beschwerden der Nachbarn. Zu laut war es, Teile der ebenfalls verrotteten Wandpaneele zuzuschneiden. Auf das Verschweißen der neuen Dachpappe mussten wir dann verzichten, stattdessen „vergnügten“ wir uns mit leisen Kleinigkeiten wie dem Ersetzen von Steckdosen und dem Abdichten des Wintergartens mit Silikon.

Es fehlt aber weiterhin das Wesentliche: die Abdichtung des ganzen Daches.

Vor diesem Projekt hatte ich schon beinahe Alpträume, rechnete mit dem Schlimmsten, das auch teilweise eintrat. Zu chaotisch ist diese Laube konstruiert, zu viele Ideen und zu viele Aufsätze haben sie derartig verkompliziert, dass wir sie nicht einfach abdecken konnten. Mein Vater hat irgendwann einmal das Dach erhöht, ich denke wegen des Wintergartens, dabei aber einige Balken so kompliziert befestigt, dass das Lösen des alten Dachholzes fast einen Tag gedauert hat. Irgendwann holen einen solche Sünden einmal ein, auch wenn nicht er es war, der das ausbaden musste, sondern der Erbe, also ich. Eigentlich müssten wir wahrscheinlich die halbe Hütte neu bauen, denn Teile des Holzes sehen nicht mehr besonders vertrauenerweckend aus, aber irgendwann einmal muss man auch mal Kompromisse machen. Witzigerweise ist der Teil des Hauses, den mein Opa kurz nach dem Krieg oder im Krieg errichtet hat, noch vollkommen in Ordnung. Er hat außen statt Holz Zinkbleche benutzt. Aus der Not geboren, denn etwas anderes hatte er nicht. Dieser Teil des Hauses aber ist dicht und unangefochten standhaft, auch wenn er etwas in den märkischen Sand gesunken ist, wie ich letztes Jahr begutachten konnte. Ich jedenfalls verspüre keine Lust darauf, hier etwas Neues zu bauen. In diesem Jahr stehen neben der Dachreparatur noch das Ersetzen von zwei Wänden an und das Fliesen des Wintergartens, zumindest in Teilen.

Irgendwann aber will ich hier einmal auch nicht mehr bauen müssen. Meine Mutter hat das immer geschafft, die hier als Lehrerin in den Sommerferien oft fünf Wochen am Stück verbracht hat. So werde ich es nicht machen, das wäre zu langweilig, aber ein bisschen weniger Stress wäre schön. Immerhin möchte ich hier auch meinen Roman beenden, ich gebe mir hier noch ca. fünf Wochen. Also werden auch im Garten Arbeiten dazu notwendig sein, um das zu schaffen.

An diesem heutigen Montag aber ruhe ich mich ein wenig aus, habe nur die Sonnensegel neu gespannt und weiterhin aufgeräumt. Ich fühle mich ein wenig schuldig, denn Handwerker Klaus hat diese Freiheit nicht. Und es war besonders für ihn unheimlich anstrengend die letzten Tage.
Irgendwann in den nächsten Wochen wird er nochmal vorbeikommen müssen, um das Dach zu beenden. Dann hat er sicher die nächsten Jahre frei. Denn die anderen Projekte mache ich allein.
Wäre ja auch noch schöner.