Voll Lasur, voll Desaster

Auch während einer großen Krise gibt es unzählige kleine. Manche davon sind nicht so schlimm, manche hingegen existenziell. So wie die heutige, die mir passiert ist. Es ist furchtbar.
Aber von Anfang an.
Ich habe 18 Baudielen (300x20x4) geschliffen (eine mehr als notwendig), also wirkliche Holzarbeiten, die diesen Namen auch verdienen. Natürlich bin ich Amateur, habe keine Ahnung, mache es aber schon seit Jahren so, wie ich es mache. Will heißen: Ich schleife, lasiere, ich warte, ich wiederhole.
Besonders die erste Schicht Lasur ist immer die schlimmste, das Holz saugt sich förmlich voll. Ich habe damit etwas Erfahrung, aber das, was hier in den letzten Tagen gesaugt wurde, ist schon einzigartig. Drei Liter Palisander-Lasur hatte ich noch. Laut meinen Berechnungen hätte es locker reichen müssen.
Hat es nicht. Bei der zweiten Runde Streichen merkte ich, dass ich langsam den Boden des riesigen Kanisters erreichte. Auch hatte ich den Eindruck, dass das Holz viel dunkler wurde, je tiefer ich in den Kanister hineintauchte. Nun, ich bin Amateur, hab ich das schon erwähnt? Daher habe ich solche Kanister nie umgerührt. Hätte ich mal, denn anscheinend sind die Pigmente alle nach unten gesunken. Viele der Bretter hatten jetzt eine fast schwarze Ebenholzfarbe, für mich sehr hübsch. Aber es hätte Palisander sein sollen.
Ich dachte mir nicht viel dabei. Am gestrigen Samstag musste ich mich trotzdem auf den Weg zum Baumarkt machen, um Nachschub-Lasur zu kaufen. Bessere Farbe, nicht die, die ich sonst beim Discounter kaufe.
Der Ton ist auch wirklich schön, ein angenehmes Braun, das etwas ins Rötliche geht. Und leider gar nichts mit dem zu tun hat, den ich in den letzten Tagen auf den anderen Brettern produziert hatte. Nun stehe ich also da, nach dem dritten Streichen, nach dem dritten Schleifen mit 320er Papier. Und habe bislang ungefähr drei Farben gezählt. Ebenholzdunkel, Gemisch Palisander-Ebenholz und Palisander. Keine Ahnung, wie das am Ende aussehen wird, ein letzter Anstrich wird wohl nicht mehr die gewaltigen Veränderungen bringen.
Es ist herzzerreißend.
Im Ernst, ich lass das jetzt so. Ich bin eben Amateur-Holzterrassen-Schaffender. Meine Fehler sind weithin sichtbar, immer und überall. Aber manchmal wirkt es ganz gut. Mal sehen, wie es jetzt wird.
Da meine Nachbarin mich heute Morgen übelst beschimpft hat, nachdem ich etwas geschliffen habe (immerhin Pfingst-Sonntag), werde ich die Terrasse erst am Dienstag oder Mittwoche aufbauen können. Reicht ja auch noch. Auch hier werde ich mal wieder alle professionellen Tipps in den Wind schlagen und die Bretter einfach auf dem einfachen Holzgestell befestigen, das ich vorher einigermaßen auf Steinen ausgerichtet haben werde. Ich bin nicht besonders gut darin, aber das ganze Ding wird schon irgendwann im märkischen Sand festsacken. Und wenn nicht, lässt sich alles ziemlich leicht wieder abbauen und neu ausrichten. Bislang war so etwas aber noch nie nötig.
Merke: Wer Perfektion sucht, ist hier definitiv nicht richtig. Mut zur Lücke oder zum einen oder anderen Auslassen von letzten Details. Gerade hier draußen, wo es so viel zutun gibt, geht es auch nicht anders. Nur auf diese Weise bin ich so weit gekommen, wie ich gekommen bin. Irgendwann einmal, wenn die gröbste Arbeit gemacht ist, kann ich mich vielleicht mal an diese winzigen „finishing touches“ machen. Vielleicht fange ich nächste Woche schon mal damit an. Indem ich eine ziemlich hässliche Lücke im Haus mit einem Regal schließe, die mein Vorgänger hier nach dem Ausbau eines Innenfensters (eine lange Geschichte) hinterlassen hat.
So, das war das Desaster heute.
Gar nicht so schlimm.
Oder?

Hier ein Link zum Coronavirus-Update mit Prof. Drosten.