Voll durchlackiert

Eigentlich ist es der erste echte Urlaubstag heute.
Nachdem ich letzten Freitag zum Grundstück in Gräbendorf gefahren bin, in einem einsamen Wagon der S-Bahn, nutzte ich das 

Wochenende, um einiges zu erledigen. Die Hütte, die in Teilen über 80 Jahre alt ist (kann man Altbau dazu sagen?), muss dringend mal saniert werden. Seit ich das erste Mal hier war, vor nunmehr 25 Jahren, riecht es säuerlich, wenn ich in die Laube eintrete. Ich muss mal recherchieren, woran das liegt. Ist es altes Holz? Oder tierisches Leben in den Wänden? 

Da diese Frage zwar beantwortet, wahrscheinlich aber wenig dagegen unternommen werden kann, habe ich mich entschieden, einfach die hölzerne Vertäfelung, Design-Sünde aus den 80ern, in denen meine Eltern stiltypisch gefangen gewesen zu sein schienen, durchzulackieren. Ich habe vor einigen Jahren schon beim Discounter eine Menge Lacke gekauft, wasserbasiert 

und sicher nicht die beste Farbe auf dem Markt, trotzdem für innen ausreichend und, vor allem, ohne die ätzenden Lösungsmittel, deren Gestank sicher den säuerlichen Geruch der Laube überdeckt hätte, ohne eine Verbesserung zu erreichen. So machte ich mich also ans Werk. Und es war unglaublich anstrengend. Trotzdem, Schritt für Schritt, Schicht für Schicht, Wand für Wand, erhellte ich die Hütte. Und werde auch in den nächsten Wochen noch weitermachen. Weiß, Elfenbein, Creme, alles, was ich habe, wird jetzt verwurstet. Besser: verstrichen. Ich habe Glück, dass die Lavendelfarbe den Winter nicht überstanden hat, sonst hätte ich die wahrscheinlich mitgenutzt und einen Raum in der Hütte verweiblicht. So also bleibt es bei den hellen neutralen Farben. Und es sieht sofort freundlicher aus.

Der Garten, der in den Wochen zuvor ordentlich ausgetrocknet ist, durfte etwas aufatmen. Schon Samstag hat es etwas geregnet, in der Nacht zum heutigen Montag aber schüttete es durchgängiger. Ich meine, die Pflanzen aufatmen zu hören. Für den vertrockneten Jung-Rasen kommt das Nass wahrscheinlich zu spät. Aber ich kann ja nachsäen.

Küchengarten

Mein kleiner Küchengarten, der den Namen kaum verdient, hat es auch überlebt. Ich konnte immer mal wieder ein paar frische Spinatblätter in meinen Salat schneiden. Nicht, dass ich viel geschmeckt hätte. Ansonsten warte ich noch immer auf die erste Petersilie, die nicht keimen möchte. Ich schiebe es mal auf die Trockenheit und nicht auf meine fehlenden hortikulturellen Fehlgriffe.
Corona hingegen scheint eine ganze Welt entfernt zu liegen.
Die Nachrichten berichten natürlich immer mal wieder, doch die Neuigkeiten wirken ein bisschen verknöchert, weil sie nicht neu sind. Wir befinden uns in einer Konsolidierungsphase, in der wir alle langsam begreifen, dass es keine schnellen Lösungen geben wird. Ein paar rechte Spinner demonstrieren am Wochenende und erheischen ein bisschen Aufmerksamkeit, viel zu viel, wenn man mich fragt, aber das war es auch schon.
Die Bundesliga hat wieder begonnen und dafür gesorgt, dass die englische Sprache einen neuen Begriff erhalten hat: „Geisterspiele“. Die ganze Welt schaut auf Deutschland, die ihr den Fußball zurückgegeben hat. Was für eine Leistung.

Ich möchte mich aber in den nächsten Tagen darauf konzentrieren, endlich mal ein paar Tage auszuspannen. Die Chancen dafür stehen nicht besonders gut, denn ich bekomme morgen eine große Holzlieferung. Wahrscheinlich also werde ich mich an das Schleifen der rauen Bretter machen, um die Terrasse neu zu gestalten. Und dann, wenn ich wieder in Berlin bin, erst einmal ein paar Tage brauche, um mich davon körperlich zu erholen. Eigentlich unsinnig, denn ich habe Zeit. Den ganzen Sommer lang, denn eines steht fest: Es geht dieses Jahr nirgendwo mehr hin.
Beruhigend und beunruhigend zugleich. Wie schnell wir uns an die Begrenztheit der jetzigen Zeit gewöhnt haben.
Unglaublich.

Hier ein Link zum Coronavirus-Update mit Prof. Drosten.