Voll gute Aussichten?

Ich weiß es nicht.
Es ist eine Frage, die in solchen Zeiten nicht zu beantworten ist. Das Virus wütet so schlimm, wie niemals zuvor, und das weltweit. Besonders schlimm ist die Zahl der Gestorbenen durch das Virus. Ich weiß nicht, ob es gefährlicher wird oder die Menschen, die erkranken, nur empfindlicher sind, weil älter und/oder vorerkrankt.
Daher mutet es eigenartig an, dass wir in dieser Woche einfach unseren Urlaub gebucht haben.

Also gebucht ist eigentlich übertrieben. Wir haben uns Flüge ausgesucht und diese dann reserviert, in der Hoffnung, dass sie überhaupt stattfinden.
Ziemlich unpassend, könnte jetzt manch einer sagen. Und ich müsste ihm recht geben, wenn es denn Buchungen wären, die Reisen in den nächsten Monaten betreffen würden.
Das ist aber nicht der Fall. Es geht um den Monat September. Also noch ein Dreivierteljahr wird vergehen, bis unsere Maschinen endgültig abheben werden.
Gewissermaßen waren wir dazu gezwungen, uns zu entscheiden, hatten wir doch noch Gutscheine von den stornierten Flügen letztes Jahr. Und die wären in den nächsten Monaten abgelaufen.

Es ist ein Risiko. Und zwar nicht unbedingt in der Richtung einer Ansteckung, sondern eher in Form von verlorenem Geld. Unsere große Hoffnung ist, dass sowohl Ehefrau Nina als auch ich, Schriftsteller Torsten, bis zum September geimpft sind. Ich kann nicht beurteilen, ob das realistisch ist oder nicht, trotzdem war es an der Zeit, diesen kleinen Schritt einfach mal zu gehen. Auch wenn er uns am Ende etwas Geld kosten könnte.

Der Effekt dieser Entscheidung jedenfalls trat bei mir sofort ein.
Der Tag beginnt jetzt nicht mehr damit, sämtliche Nachrichten der Nacht zu überfliegen, sondern damit, mich über mögliche Reiseziele zu erkundigen.
Ach, Entschuldigung, ich vergaß zu erwähnen: Wir fliegen nach Athen. Ist das eine Überraschung? Nein. Wer uns kennt, hat das geahnt.
Ehefrau Nina möchte in ein Spa-Hotel bei Aegiali auf Amorgos. Es ist etwas teurer, aber wir haben jetzt mindestens drei Urlaube ausfallen lassen, also wäre das kein Problem. Wir wissen aber noch nicht, ob es überhaupt noch geöffnet hat. Nach einer Krise wie dieser ist das sicherlich eine berechtigte Frage, denn die hat in der Mehrzahl touristische Einrichtungen getroffen. Auf jeden Fall hat es schon einen Campingplatz in Parikia, Paros erwischt. Camping Kouala existiert nicht mehr. Jammerschade, der Platz stellte immer eine günstige Unterbringungsmöglichkeit dar, um mal einen oder zwei Tage auf eine Fähre zu warten.
Die zwei Wochen, die Ehefrau Nina und ich gemeinsam fahren, werden wir höchst wahrscheinlich auf den Kykladen verbringen. Danach werde ich noch etwas bleiben, um allein unterwegs zu sein. Hierbei frage ich mich, ob ich auf den Kykladen bleiben sollte oder eine Tour auf dem griechischen Festland unternehmen könnte. Das würde natürlich meiner großen Reise in diesem Land vorgreifen, die ich letztes Jahr abgesagt hatte, dieses Jahr nicht riskieren will, aber nächstes Jahr unbedingt unternehmen möchte.
Ich weiß es noch nicht.
Aber ehrlich?
Es ist egal.

Denn es geht bei diesen Problemen der ersten Welt eigentlich nur um eines: um die Vorfreude auf eine Reise.
Es handelt sich um ein simples Vergnügen, eine leichte Art, sich zu amüsieren und sich zu freuen. Es ist harmlos, weil es im Grunde nichts kostet. Und auch niemanden in Gefahr bringt, denn ohne Impfung werden wir die Reise sicher nicht riskieren.
Und eines noch: Es handelt sich nicht nur um Vorfreude. Es geht auch um die Hoffnung selbst. Hoffnung auf ein Stück Normalität, Hoffnung auf einen Tapetenwechsel, Hoffnung auf das Leben an sich.
Und das ist in dieser Corona-Zeit unbezahlbar.
Unabhängig davon, ob wir diese Reise wirklich unternehmen werden.