Wie ich heute gelesen habe, hat uns die zweitschlimmste Hitzewelle der letzten Jahrzehnte erreicht.
Nur 2003 soll schlimmer gewesen sein. In Frankreich sind in Teilen Outdoorevents und Indoorevents ohne Klimaanlage verboten. Schulen sind teilweise geschlossen, alte Menschen werden aufgefordert, die Häuser nicht zu verlassen. Dass hier BBQ-Verbot herrscht, ist das geringste Problem. Kein Wunder also, dass wir vor zwei Tagen solche Schwierigkeiten hatten. Hier, bei Toulon, ist es zwar etwas kühler, aber nicht sehr viel. Die Luftfeuchtigkeit heute hat dafür gesorgt, dass es manchmal unerträglich wurde. In der brennenden Sonne ohne Schatten ist es kaum auszuhalten. Selbst einen Besuch am Strand heute habe ich abgebrochen, weil es einfach keinen Schatten gab. Die Franzosen legen sich einfach in die Sonne. Ich weiß nicht, wie man das machen kann, ich bin dazu nicht geeignet. Nicht nur, weil es schlecht für die Haut ist, aber die Hitze erscheint mir einfach zu intensiv, die Helligkeit ebenfalls.

Zum Glück aber nutzte ich heute die Morgenstunden. Die Nacht war dank einiger feiernder Franzosen nebenan nicht gerade die angenehmste gewesen, aber im Grunde nicht so schlimm. Besser jedenfalls als die Nacht in Avignon. Das Zelt ist einigermaßen gut belüftet und dank der leichten Brise war es wirklich angenehm. Erst gegen sieben stand ich auf, machte etwas Yoga, dann aber war ich bereit für den Aufbruch. Ich hatte mich dazu entschieden, mir Toulon anzusehen. Hyère wäre auch interessant gewesen, aber rustikale Hafenstädte interessieren mich mehr.
Ich fuhr dieses Mal nicht auf dem eigentlichen Radweg ins Zentrum, sondern eine Küstenstraße entlang, von der ich mir schöne Aussichten auf das Meer versprach. Die bekam ich letztlich nicht, Wälder und/oder Villen standen immer im Weg. Trotzdem war es eine schöne Übung.
Schließlich erreichte ich einen Strandbereich bei Toulon, der an diesem Samstag schon gut besucht war. Nicht voll, aber auch nicht leer. Ich versuchte mich zu orientieren, dank OsmanD kein Problem. Zufällig kam ich am Fährhafen vorbei, den ich morgen ansteuern werde. Heute fragte ich dort zumindest, ob ein E-Ticket ausreichen würde. Es reicht, sagten sie. Also kann mein korsisches Abenteuer morgen beginnen.
Vom Fährhafen ist es nicht mehr weit bis zur Stadt selbst. Sie ist ausgesprochen klein, ich hatte sie gestern bereits durchquert, ohne mir dessen bewusst gewesen zu sein.

Der Rough Guide hatte nicht viel versprochen, ich aber genoss meinen Besuch hier. Toulon hat eine schöne Altstadt, bestehend aus ockerfarbenen Häusern, vier bis fünf Stockwerke hoch. Mein erster Weg aber führte mich über den heutigen Markt. Er erinnerte mich an die Türkenmärkte in Berlin, also eher mit arabischem Einschlag, so wie das in Teilen auch in Apt gewesen ist. Da ich nichts brauchte, entfernte ich mich und erreichte Les Halles, die offenbar gerade restauriert worden waren. Hier stellte ich das Rad ab und wanderte von nun an zu Fuß weiter.
Les Halles sahen jedenfalls sehr modern aus. Innen würde ich das kulinarische Angebot als bodenständig bezeichnen. Es war nicht überkandidelt chic, sondern sah lecker und raffiniert zugleich aus, ohne die Brieftasche zu sprengen. Das luftige Gebäude, innen in Weiß, wirkte heiter und entspannt. Überhaupt würde ich die Atmosphäre in der Stadt allgemein als „laid back“ bezeichnen.

Ich wanderte weiter.
Und was mich neben der rustikalen Architektur mit den prächtigen farbigen Häusern, von denen die meisten renoviert sind, aber trotzdem noch eine gewisse Patina aufweisen, beeindruckte, waren die Plätze. Immer wieder öffneten sich die Gassen, ich sah Brunnen, oft auch schattenspendende Bäume, die Leute dazu einluden, sich draußen in ein Café zu setzen. Und das taten auch viele.
Die Temperaturen stiegen langsam, aber es war trotzdem die richtige Zeit, einfach weiterzuschlendern. Ich lief durch Gassen, genoss die Atmosphäre der Südstadt. Einer der Plätze ist wohl dem Nachtleben gewidmet, eine Bar an der anderen, der riesige Platz davor mit Sitzgelegenheiten ausgestattet. Wäre ich jünger, würde ich sicher mal hingehen. Bin ich aber nicht. Ich lief also weiter zum Hafen. Der ist mit modernen Gebäuden nicht so charismatisch wie der Rest der Stadt, dafür aber angenehm. Die Bars und Cafés wirken auch hier bodenständig, keine Elitegegend, würde ich sagen. Schon alleine deshalb mochte ich Toulon. Die Stadt mag nicht reich sein, dafür zieht sie auch keine Reichen an, die die Preise und die Atmosphäre verderben. Ich wanderte am Wasser entlang, sah, dass man von hier aus auch Wasserbusse zu den nahen Inseln und Halbinseln nehmen kann. Wahrscheinlich würde diese Gegend lohnen, etwas näher erkundet zu werden. Nun, ein andermal.
Tatsächlich ist es so, dass die Stadt nicht sehr groß ist. Ich besuchte noch die Kathedrale, in der allerdings gerade in diesem Augenblick ein Gottesdienst begann, sodass ich flüchtete. Dann war ich eigentlich fertig mit meinem Besuch. Ich besuchte noch ein Café, holte mir vorher ein kleines Stück Pizza, dann, gegen halb eins, beschloss ich, auch aufgrund der Hitze, zum Meer in Le Pradet zu fahren. Im Rückblick bereue ich diese Entscheidung ein wenig, das, was ich dort fand oder auch nicht fand, hätte ich auch in Toulon gefunden. Denn ich fuhr vorbei am Zentrum von Le Pradet, nachdem ich die acht Kilometer von Toulon geradelt war, und suchte die kleine Landzunge auf, die ich am Tag zuvor zu Fuß auf dem Strandweg nicht hatte erreichen können. Es war etwas enttäuschend und auch anstrengend, weil ich auf dem Hinweg erst einen Hügel hinauf, dann hinunter zum Meer fahren musste. Und auf dem Rückweg umgekehrt. Sehr anstrengend.
Und letztlich war dort nichts von Interesse, nur ein schattenloser Strand. Wäre ich mal in Toulon geblieben, ich glaube, da wäre mehr Schatten gewesen. Und mehr Abwechslung. Ich stellte mal wieder fest, dass mir das Ausruhen bei Ausflügen fehlt.

Ich kaufte danach etwas ein, dann fuhr ich zum Campingplatz, wo ich es aber ebenfalls nicht lange aushielt. Also lief ich zum nächsten Strand, den ich noch nicht kannte, ein viertelstündiger Fußweg, natürlich einen Abhang hinunter. Es gibt nicht viele Möglichkeiten abzusteigen, ich habe den Eindruck, dass die Natur sich große Teile der Landschaft zurückholt. Felsstürze sind offensichtlich an der Tagesordnung. Ich denke, dass es meinen Campingplatz hier in 20 Jahren nicht mehr geben wird. Aber das werden wir sehen. Mich wird es dann wahrscheinlich nicht mehr tangieren, ich wäre dann 72.
Der Strand, den ich durch eine Art Feriendorf/altes Fischerdorf erreichte, war aber auch nicht besser als die anderen, eine schattenlose Sand- und Steinwüste. Mal ehrlich, wie machen Leute das? Ich kann das nicht, wirklich nicht. Es ist einfach zu heiß und intensiv. Mittlerweile hatten die Temperaturen gegen 16 Uhr auch ihren Höhepunkt erreicht. Es war wirklich kaum zu aushalten. Am Ende half nur eine halb warme Dusche auf dem Campingplatz, wo ich mich gerade ausruhe.
Morgen geht es weiter. Und zwar nach einem sicher etwas verlorenen Tag. Ich nehme die Fähre morgen erst um 23:30. Mal sehen, wie ich das alles arrangiere. Ich hoffe, dass ich mein Gepäck auf dem Campingplatz lassen kann. Dann wäre alles in Ordnung. Wir werden sehen.
Für heute war ich jedenfalls genug unterwegs.