Endlich einmal wieder ein bisschen Action.
Nicht viel, aber etwas.
Ich habe mich dazu entschlossen, heute nach Pylon zu fahren, und zwar von Methoni aus und wieder zurück. Ich blieb also auf dem Campingplatz in Methoni, was ich nicht hätte machen müssen. Acht Kilometer entfernt von Pylon gibt es zwei, aber ich dachte mir, dass ich von Methoni aus nur zwölf Kilometer entfernt bin, also lohnte es sich meines Erachtens nicht, den Standort zu wechseln. Ich sollte meine Entscheidung später etwas bereuen, aber so ist das nun einmal.
Ich fuhr nicht besonders früh los, weit nach neun, hatte dabei mit stärkerem Gegenwind zu kämpfen. Auch die Steigungen hatten es in sich. Nichts Unmögliches, aber dennoch kräftezehrend. Irgendwann musste ich dann schieben, es wurde einfach zu viel.
Und dann ging es abwärts. Die letzten drei Kilometer schoss ich nach unten, wohl wissend, dass ich diese Strecke später wieder nach oben fahren musste. Ich machte mir keine Gedanken. Ich habe das jetzt so oft praktiziert, dass ich keine Lust mehr dazu habe, mich um körperliche Anstrengungen zu drücken. Erst einmal war ich da.

Die Stadt besteht am Ortseingang aus neuen Betonhäusern, aber bald tauchten die Reste eines Aquädukts auf. Es handelt sich nicht um ein römisches, sondern ein osmanisches, wie ich lesen konnte. Von hier aus hatte ich auch die ersten Ausblicke auf die Bucht. Einfach herrlich.
Es war der Zeitpunkt, an dem ich bereute, nicht doch hierher gewechselt zu haben, mit Rad und Zelt. Ein Aufenthalt in dieser Gegend wäre sicher traumhaft. Es war, wie es war. Immerhin konnte ich es heute genießen, hier zu sein.
Wie es so ist, fuhr ich erst einmal ins Zentrum. Pylon ist sicher auch nicht mehr als ein etwas größeres Dorf. Es scheint lebhafter und auch größer als Methoni. Auch reicher. Es war unschwer zu erkennen, dass sich hier mehr Touristen aufhielten. Auch ist es eher upmarket, mit Yachten im Hafen und eher teuer aussehenden Bars und Clubs. Ich hatte gelesen, dass dieser Teil der Küste langsam vom Jetset entdeckt wird. Nahe Golfplätze und Luxusressorts sprechen garantiert nicht gegen diese These. Und in Pylon sieht man es ebenfalls. Es ist eine hübsche Stadt, samt einem beeindruckenden Platz in der Ortsmitte, mit schattenspendenden Bäumen und wie immer einer ganzen Reihe von Cafés und Restaurants darauf. Ich finde, das ist der natürliche Ort für Gastronomie. In Berlin fehlen mir diese Einrichtungen überall. Außer in Szenebezirken gibt es sie auch nicht in dieser Menge. Wenn ich an Tempelhof denke, dann will ich eigentlich gar nicht mehr zurück. Mir gefällt das Leben in Cafés außerordentlich gut.

Ich erkundete zuerst den Ort, lief durch die Arkaden hindurch, die die Gebäude um den Hauptplatz prägen. Ich lunchte einen Pfirsich, ging weiter, schaute mir einen Estate Agent an. Die Preise für Land sind tatsächlich wesentlich höher als anderswo. 5000 Km2 für 150.000 Euro. Für Griechenland ist das tatsächlich viel. Wir sind in der Walachei. Keine Chance, das ist mir zu teuer.

Es dauerte nicht lange, dann war ich wieder am Hautplatz.
Also weiter zum Kastell. An dem war ich auf der Hinfahrt bereits vorbeigefahren. Ich lief also den Hügel wieder nach oben. Am Eingang las ich, dass sechs Euro fällig wurden. Ich drehte fast um. Dann aber besann ich mich. Ich würde nie wieder oder zumindest sehr lange nicht mehr hier sein. Und selbst wenn, ich könnte es vielleicht aus Altersgründen gar nicht mehr besuchen, es ist unwegsam. Und sechs Euro sind nicht die Welt, also zahlte ich.

Die Festung ist größer als sie den Anschein hat.
Ich sah mir zuerst die Befestigungsanlagen an. Ich bin kein Experte, aber natürlich waren wieder die Byzantiner, die Osmanen und auch die Venezianer hier. Vorher die Spartaner und Athener. Noch früher die Mykener. Und noch früher … ja, dieser Ort ist schon lange besiedelt, anscheinend aber mit Pausen. Zehntausende von Jahren. Wie so oft ist die Festungsanlage ein steinerner Riese, der aber einen Vorteil hat: Er liegt meist oben auf einem Hügel, man kann die ganze Landschaft sehen. Und von hier genoss ich den freien Blick auf diese erstaunliche Bucht. Sie ist durch Hügel vom Meer getrennt. Es entsteht der Eindruck, dass es sich um einen Binnensee handelt, es ist aber an beiden Seiten der Hügelkette mit dem Meer verbunden. Die Spartaner haben hier einst eine bittere Niederlage gegen die Athener einstecken müssen. Sie konnten von den Hügeln nicht herunter. Am Ende haben sie den Peloponnesischen Krieg aber doch gewonnen und sich bitter gerächt.

Beinhaltet in einem Besuch des Kastells waren auch zwei kleine Museen. Eines davon handelte von Unterwasserarchäologie. Hier erfuhr ich, dass Methoni vor etwa 4500 Jahren einen Hafen hatte, der jetzt im Meer versunken ist. In Methoni fand ich darauf keinen Hinweis. Vielleicht will man nicht, dass Leute diese Stätte stören. Verständlich. So tief liegt sie meines Erachtens auch nicht, sie muss sich direkt am Strand befinden, soweit ich die Karte verstanden habe.
Ein weiteres Museum widmet sich der Geschichte des Ortes Pylon. Mir war die Tragweite der Geschichte nicht bewusst, wie weit sie zurückgeht. Irgendwie ist die Antike in Griechenland oft übertüncht von der Moderne. Mauerreste können 100 oder 5000 Jahre alt sein, man weiß es als Laie nicht. Aber allein die Vorstellung, dass hier die Helden Nestor, Agamemnon und Odysseus gewandelt sind, ist doch schon erstaunlich genug. Finde ich zumindest.
Die Ausstellung ist klein, nur ein einziger Raum, aber das reichte, um meine Fantasie zu wecken. Man könnte mit guter Motorisierung viele kleine archäologische Orte in dieser Gegend abklappern. Ich weiß nur nicht, ob man eigentlich mehr als nur ein paar Steine und flache Grundmauern findet.

In der Festung hielt ich mich fast zwei Stunden auf. Auch eine Moschee/Kirche konnte ich besichtigen. Sie ist ein paar Jahrhunderte alt und charismatisch, so würde ich sie bezeichnen. Nicht überschmückt, hohe Kuppeln, Ikonen. Schlicht und chic.

Nach diesem Besuch war es endlich Zeit für einen Kaffee. Natürlich auf dem Hauptplatz, dessen Namen ich mal recherchieren muss. Er ist sicher Dreh- und Angelpunkt. Vorher aber besichtigte ich noch die Hafenfront. Restaurants, Bars, Cafés wechseln sich ab, alle mit Blick auf die Bucht, die Heinrich Schliemann mal als die schönste der Welt bezeichnet hat.
Nun, er konnte eine goldene Maske aus dem dritten Jahrtausend vor Christus nicht von einer mykenischen unterscheiden. Das ist natürlich ein Witz. Wie hätte er das auch machen können?
Nein, die Bucht ist einmalig. Und wieder bereute ich, nicht doch hergekommen zu sein. Ich spielte mit dem Gedanken, doch morgen wieder herzuradeln, an Pylon vorbei, zu den Campingplätzen. Aber letztlich entschied ich mich dagegen.
Auf dem Platz genoss ich dann einen griechischen Kaffee. Ein routinierter Standard dieser Tage. Und ich ruhte mich etwas aus, auch für die Rückfahrt.

Anderthalb Stunden später machte ich mich dann auf den Weg. Erst kaufte ich noch bei einem der etwas größeren Supermärkte hier ein, die fehlen in Methoni. Die kleinen sind letztlich aber auch nicht viel teurer. Es ist egal.
Und dann schob ich das Rad nach oben. Eine Kleinigkeit passierte noch. Es brannte. Und zwar direkt neben der Straße. Ich sah es schon von der Stadt aus, dicke hellbraune Wolken stiegen auf, es roch etwas angebrannt, aber nicht unangenehm. Als ich den Scheitelpunkt erreichte, sah ich auch die ersten Flammen. Ein Buschstück auf einem Hügel stand in Flammen. Zwei Helikopter und ein Flugzeug waren im Einsatz, dazu zwei Feuerwehrfahrzeuge. Sie sind schnell, die Griechen. Das Feuer kann sich ja auch rapide ausbreiten. Ich schoss mit schlechtem Gewissen ein paar Fotos. Ich behinderte niemanden, aber kam mir als neugieriger Tourist ziemlich blöd vor. Es ist nicht richtig, aber das Chaos ist einfach zu faszinierend. Ich schäme mich dafür.
Und dann setzte ich mich auf das Rad und fuhr praktisch bis Methoni nur den Hügel hinunter. Fast zehn Kilometer weit. Es war gut, wie es war. Ein schöner Tag. Und ich beginne langsam, mich mit dieser Gegend tiefer zu verbinden. Sie befindet sich am Ende Europas, zumindest auf eine gewisse Art. Und ich kann sagen, dass ich sie mehr schätze, als ich es ausdrücken kann.
So wie ich es sehe, bleibe ich übrigens morgen noch hier. Von Kalamata aus soll es am Freitagnachmittag einen Bus nach Sparta geben, was mir Optionen gibt. Vielleicht Korinth, vielleicht Gytheo. Oder beides? Das Reisen ist schon einmalig. Aber man muss auch die Energie beibehalten. Wie ich feststelle, kann ich nicht zu lange am gleichen Ort bleiben. Zumindest nicht, wenn nicht sich nicht genügend Attraktionen in der Gegend befinden, die mich beschäftigen können.
Mal sehen, ob ich es mir morgen nicht schon wieder überlege. Wundern würde es mich nicht.