Diese Nacht war es ein kleines bisschen wärmer.
Nicht, dass ich wesentlich besser geschlafen hätte, aber es ging etwas besser.
Trotzdem wachte ich erst sehr spät gegen halb acht auf. Und das an einem Tag, an dem ich abfahren wollte.
Lange Rede, ich schaffte es, relativ zeitig loszufahren. Um 9:15 ließ ich den Campingplatz in Blois hinter mir.
Es sollte meine erste etwas längere Tour auf dem Rad hier werden. Ich wollte bis nach Amboise, ca. 45 Kilometer weiter westlich.

Es ist immer wieder erbaulich, neue Strecken zu entdecken. Natürlich bin ich dadurch langsamer, denn ich fahre ja nicht, um Strecken zurückzulegen, sondern um mir die Landschaften anzusehen. Dörfer, Chateaus, die Loire, alles sieht überall anders und eigen aus, rustikal, vornehm, ruhig, aufbrausend, wenn man sich den Fluss ansieht. Ich habe es vom Faltrad aus geschafft, Fotos zu machen, weiß zwar nicht, ob diese gelungen sind, aber wenn, dann kann ich diese Fahrt sehr gut bildlich beschildern. Die Strecke jedenfalls war auch interessant, oft Asphalt, aber auch manchmal Kopfsteinpflaster, manchmal Geröll und auch tiefer Sand, der sehr unangenehm ist. Eigentlich muss ich dann meistens absteigen, ich kenne das aus Brandenburg, wo die Wege manchmal Wüsten gleichen. Hier aber war es nicht so schlimm. Auch musste ich öfter absteigen, um das schwer bepackte Rad einen Hügel hinaufzuschieben. Das Rad eignet sich nicht für solche Touren, die acht Gänge reichen tatsächlich für die Stadt, aber nicht für die Steigungen hier oder woanders. Das Rad ist deshalb auch nur ein Kompromiss. So ist es eben. Aber ich mache auch keine Alpentour. Trotzdem ist es anstrengend, wie ich an einer Stelle bemerkte. Über sicher 800 Meter schob ich das Rad ziemlich steil hinauf. Es war herausfordernd und nicht gut für den Rücken, den ich mir natürlich beim Packen morgens gezerrt hatte. Aber letztlich gilt: Man kommt immer an.

Gegen 13 Uhr fuhr ich in Amboise ein, bewunderte schon auf der kurzen Durchfahrt die kleine historische Altstadt. Es ist schön hier, urig, aber auch etwas vornehm. Viele Engländer sind hier. Das war recht leicht zu hören.
Der Campingplatz liegt übrigens in der Mitte der Loire, auf einer kleinen Insel. Er ist gewaltig und unfassbar billig. Keine Ahnung, ob die Stadt damit Geld macht. Aber er ist schon recht gut besucht für diese Zeit. Kein Wunder, Amboise liegt hervorragend für Ausflüge in die Gegend. Ich werde allerdings nur zwei Tage bleiben, dann weiterfahren.

Nachdem ich mich eingerichtet hatte, fuhr ich nochmals in die Stadt. Sie ist wirklich klein, aber hinreißend. Mittelalterliche Gebäude, schief und krumm, Fachwerk. In der Straße vor dem mächtigen Chateau reiht sich ein Restaurant an das andere. Man ist hier gut eingestellt auf die Massen an Touristen, die im Sommer sicherlich kommen. Ich wanderte nur durch die Gassen, das Schloss oder das Château Close besuchte ich nicht, ein Haus, in dem Leonardo da Vinci gewohnt hat und das nun eher einem Themeparc gleicht, das dem Künstler und Erfinder gewidmet ist. Disneyland auf Französisch. Zumindest der Beschreibung nach. Einige Erfindungen sind wohl nachgebaut. Das Ganze erinnert mich wie gesagt an einen Freizeitpark. Ich kann es verstehen, wenn Leonardo schon hier war, muss man das ausnutzen. Und er ist ja auch hier gestorben. Ich sah mir zwei Kirchen an, eine, wie ich meine, im romanischen Stil. Die Kühle im Innern beruhigte mich. Erstaunlich, wie heiß es schon ist. In der anderen konnte ich eine Ausstellung betrachten. Porträts von Fischen mit japanischen Beschreibungen. Ich fand es nicht besonders interessant, aber die Vorstellung, diese Räume für kulturelle Zwecke zu nutzen, fand ich großartig. In England habe ich Pubs in ehemals religiösen Gebäuden gesehen. Oder Flohmärkte, dauerhaft natürlich. Warum auch nicht? Es ist nichts mehr heilig dieser Tage. Und das ist gut so.
Lange hielt ich mich nicht hier auf, die Fahrt heute steckte mir noch immer in den Knochen. Und morgen fahre ich ja wieder viel.
Nach Nantes wird es etwas ruhiger. Das wird dann bestimmt auch notwendig sein. Diese Gegend hier aber ist derartig angefüllt mit Sehenswertem, dass mir kaum Zeit bleibt, Luft zu hohlen. Und so empfinde ich es manchmal auch. Ich denke, dass ich mal einen längeren Aufenthalt hier planen werde. Drei Wochen oder so. Das ist es wert, auf jeden Fall. In diesem Jahr aber muss es beim Schnuppern bleiben. Es ist trotzdem aufregend und interessant.
Morgen fahre ich jedenfalls zum nächsten Highlight, Chenonceau. Dieses Schloss stellt wieder einen Höhepunkt dar, den ich entdecken möchte. Es sind wieder ca. 15 Km, aber mit größeren Steigungen. Ohne Gepäck sollte es trotzdem einfacher werden.
Ich bin gespannt.