Und es war heiß.
Und laut.
Und an Schlaf war kaum zu denken.
Wie unwohnlich manchmal eine Großstadt sein kann, haben wir in den letzten drei Nächten erfahren können. Und müssen immer wieder feststellen, wie merkwürdig still doch die Ecke ist, in der unser Schlafzimmer in Berlin steht. Die ist tatsächlich fast hermetisch abgeschirmt gegen die meisten Umwelteinflüsse.
In Lyon aber, in dieser verschrotteten Airbnb-Wohnung, habe ich mir manchmal gewünscht, einfach wieder auf einem Campingplatz übernachten zu können. Die Matratze hat meinem Rücken einiges angetan, meine Term-A-Rest-Matte, auch nicht perfekt, hätte das in diesem Maß kaum geschafft.
Das alles und die Tatsache, am nächsten Morgen sehr früh aufstehen zu müssen, ließen mich fast nicht zur Ruhe kommen. Es war dramatisch, denn die Nächte vorher waren auch nicht gerade gut.

So starteten wir den Tag also um kurz nach fünf, gepackt hatten wir schon, wenigstens also brauchten wir uns nicht zu beeilen. Durchschnaufen nach solch einer Nacht hilft schon ein wenig. Um kurz nach sieben sollte unser Zug von Perrache aus abfahren, 300 Meter entfernt wohnten wir. Das war der einzige Vorteil. Keine Hektik. In Ruhe frühstücken. Und Kaffee trinken.
Eigentlich ging es danach, zumindest für eine Weile.

Perrache hingegen war eine kleine Katastrophe. Nur 20 Minuten vor der Abfahrt erfuhren wir unser Gleis. So etwas ist mit viel Gepäck und einem Faltrad herausfordernd. Und irgendwie wollte halb Lyon nach Avignon oder Marseille, Schlangen und Trauben bildeten sich. Wie wir es letztlich in den Zug schafften, ist mir ein Rätsel. Ich kann mich an eine Situation erinnern, in der ich, das Rad in den Händen haltend, irgendwie versuchte zu falten, während Dutzende Franzosen fluchend an mir vorbeihuschten. Ehefrau Nina hatte auch keinen Spaß. Ich konnte ihr in diesem Moment nicht helfen, sie aber versuchte, den 20-Kg-Koffer auf die Ablage zu wuchten.
Letztlich ließen wir erst einmal alle passieren, dann erst brachten wir das Gepäck irgendwie unter. Warum und wie wir noch Platz in dem proppenvollen Zug fanden, weiß ich nicht. Es war Glück, immer eine entsprechend große Lücke zu finden. Rein ist immer schlimmer als raus, das weiß ich inzwischen. Um kurz nach sieben waren wir trotzdem das erste Mal mit den Nerven am Ende.

Nur eine Stunde fuhren wir, dann erreichten wir den Gare SNCF Avignon, ein Bahnhof inmitten der Landschaft weit weg von der Stadt. Anderthalb Stunden schlugen wir hier tot, und vielleicht war es diese ruhige Zeit, die uns die letzte Energie kostete. Im Zug, so wie generell an Reisetagen, weiß ich, dass ich aufmerksam und wach sein muss. Es hilft nichts, ich schaffe es immer, genug Adrenalin zu produzieren, um jede Müdigkeitsphase erst einmal zurückzudrängen. Hier aber war das nicht mehr möglich.
Und dann passierte es. Als wir zum Bus gehen wollten, der uns nach Apt bringen sollte, stellten wir fest, dass Speiseöl aus dem Foodbeutel tropfte. Klasse. Ich hatte mir noch überlegt, ob es das wert war, dieses Öl überhaupt zu transportieren. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass Kleidung, die damit in Berührung kommt, praktisch unbrauchbar wird. Zehn Minuten versuchten wir, so gut es ging, alles sauberzumachen. Wir hatten ein wenig Glück, dass Ehefrau Ninas Koffer nur wenig Öl abbekommen hatte. Der Boden bei Starbucks aber sah ziemlich schmierig aus. Wir hatten aber keine Zeit mehr, entsorgten das Öl und die meisten Lebensmittel, was wir schon in Lyon hätten tun sollen, und rannten zum Bus. Es ist nicht die feine englische Art, das ist klar, denn der Ölschaden bei Starbucks war nun einmal da. Aber wir mussten los. Einmal die asozialen Touristen zu sein, schmerzt.
Letztlich hat uns diese Aktion aber einen Koffer gekostet, denn Ehefrau Ninas Gebäckstück ist außen jetzt zu verschmiert, um es noch einmal einsetzen zu können.

Der Bus kam pünktlich, wieder hatte ich Schwierigkeiten, das Rad unterzukriegen. Aber irgendwann war alles verstaut. Es ist manchmal so anstrengend. Aber letztlich habe ich es mir so ausgesucht.

Gegen elf dann fuhren wir in Apt auf dem Gare Routière ein. Der Besitzer der Ferienwohnung erwartete uns. Dieses eine Mal war es kein Problem, das Gepäck zu verstauen.
Es ist übrigens eine wundervolle Wohnung. Ein Haus aus dem Stein der Gegend, mit einem Olivenbaum im Garten und einer echten Outdoorküche. Den kleinen Swimmingpool möchte ich auch noch erwähnen. Die Wohnung selbst ist rustikal und elegant. Und großzügig. Vor allem aber: ruhig. Nach all dem Trubel in Lyon brauchen wir ein wenig Erholung.
Das war im Grunde der Tag.
Das Haus befindet sich ca. einen Kilometer von der Stadt entfernt, es gibt sogar ein Fahrrad für Ehefrau Nina. Wir unternahmen nichts mehr, gingen nur noch einkaufen.
Der Treppenwitz des heutigen Tages aber liegt in einem anderen Detail: Sowohl Öl als auch Balsamico haben Vormieter hiergelassen. Diese herabwürdigende Aktion in Avignon hätten wir uns also sparen können. Mist.
Morgen beginnt der erste Tag im Luberon.
Und unser eigentlicher Urlaub.