Und endlich mal in Ruhe schlafen!
Hier, außerhalb von Apt, an einem Hügel, weit weg von der Hauptstraße, auf einer guten Matratze. Wir bereuen es nicht, an einen Ort gefahren zu sein, an dem es viel geruhsamer zugeht.
Geschlafen habe ich ausnahmsweise einmal tief und fest. Nur der Rücken macht Probleme, aber das geht wohl nicht mehr weg.
Im Garten neben dem Swimmingpool machte ich in Ruhe Yoga, dann Frühstück mit Espresso und Baguette. Ich weiß nicht genau, wo die Zeit an solchen Tagen hinläuft, jedenfalls scheint sie irgendwie zu verschwinden. Es sollte heute noch nicht so heiß werden, was sich im Laufe der Woche ändern würde, daher entschieden wir uns für einen Aufstieg nach Saignon. Ich kann mich gut an dieses kleine Dorf erinnern. Wir haben vor neun Jahren auf dem Campingplatz zwischen Saignon und Apt viel Zeit verbracht, sodass wir öfter hier waren. Woran ich mich nicht erinnern konnte, war der Aufstieg von Apt aus, den wir ja nie gegangen waren. Daher war es eine kleine Überraschung, wie hoch man aufsteigen muss. Erst mussten wir der Straße folgen, dann irgendwann begann der Wanderweg nach Saignon. Es ist sicher ein alter Eselspfad, noch immer befinden sich dort große von Wanderers Füßen geglättete Pflaster. Es läuft sich eigentlich recht gut. Man hat ungefähr 300 Höhenmeter zu überwinden, die sich auf ca. 2,5 Kilometer verteilen. Deshalb dauert es, bis man oben ist.
Saignon ist ein uriges und vielleicht auch typisches Dorf in dieser Gegend. Die gekrümmten Häuser, Jahrhunderte alt, bestehen aus rauen Steinen der Umgebung. Hier oben ist es natürlich kühler als in Apt, in den Gassen herrschte ein ziemlich beißender Wind. Nachdem wir das Dorf betreten hatten, öffnete sich schon bald der Blick auf einen Platz mit einem Brunnen und einem alten Waschhaus. Der bemooste Brunnen plätscherte vor sich hin, drumherum standen Stühle und Tische eines kleinen Cafés.
Wir wollten erst einmal weiterlaufen, in Richtung Kirche. Sie steht am Ende des Dorfes, während sich der fast immer an solchen Orten befindliche Uhrenturm in der Mitte des Ortes befindet. Die Kirche ist wohl ein romanischer Bau, urig und dominant. Gegenüber befindet sich Chez Christine, ein winziges Restaurant, das wir später aufsuchten. Wir kennen es von vor neun Jahren, als wir das letzte Mal hier waren.
Jetzt wendeten wir und liefen erneut durch das kleine Dorf. Wir wanderten auf den Le Rocher zu, den Felsen, den man von Apt aus gut sehen kann und der aus einem bewaldeten Hügel herausragt wie der einzige Zahn im Mund eines Greises. Wir passierten ein wuchtiges Tor, das im Mittelalter sicher eine Art Burg beschützt haben musste. Die Stadtmauern müssen einst sehr dick gewesen sein, ich muss mal nachlesen, welche Rolle Saignon gespielt hat. Sicher lag es hoch in den Bergen an einer strategisch wichtigen Stelle.
Ein Teil der Anlage, einschließlich einer alten Kapelle, befinden sich in Privatbesitz. Hier entdeckten wir auch ein Restaurant, das sicher eher der gehobenen Gesellschaft dient. Ich weiß es nicht genau, denn preislich befindet sich Frankreich sowieso auf einem anderen Niveau als Deutschland. Obwohl ich das kaum beurteilen kann, denn außer einer Pizza oder ein indisches Gericht leiste ich mir eigentlich kaum etwas.
Wir erklommen den Le Rocher, den Felsen, ein vom Winde gepeinigter Felsvorsprung, von dem aus man das halbe Luberon sehen kann. Ich entdeckte Saturnin-sur-Apt, St. Martin de Cavaillon, vielleicht sogar Roussillon, obwohl ich mir nicht sicher war. Es war jedenfalls ein knallroter Ockerfelsen inmitten der grünen Landschaft. Ich kann mich irren.
Der Wind aber hinderte uns daran, diese Frage gründlicher zu erörtern. Auf dem Weg hinunter hatten wir noch einen schönen Blick auf die alten Verteidigungsanlagen. Es sah wirklich düster aus, der Ort muss einst wirklich wehrhaft gewesen sein.
Nun aber war es Zeit für einen Lunch. Wie gesagt, wir liefen wieder durch den Ort und bestellten Quiche und Pizza. Winzigste Portionen zu gewaltigen Preisen. Frankreich eben. Oder besser Saignon, wo es nicht viele Alternativen gibt. Wir saßen aber hervorragend, am Kirchenplatz, im Schatten, auf alten Stufen, in dieser alten Stadt. Schon alleine der Ort ist es wert.
Am Nachmittag machten wir uns wieder auf den Heimweg. Wie es so ist, dauert der Weg nach unten nur halb so lang. Was wir am Morgen so mühsam erklommen hatten, sprangen wir jetzt beinahe herunter. Und sahen andere Touristen, die sich schnaufend nach oben wanden. Sollten sie. Wir waren jedenfalls froh, diesen Weg heute gegangen zu sein, morgen sollen es 35 Grad werden. Heute sind es 10 Grad weniger, perfektes Wetter für solche Unternehmungen.
Nochmals liefen wir durch Apt, das uns auch heute wahnsinnig verschlafen vorkam. Wir müssen mal am frühen Abend oder vormittags herkommen. Wahrscheinlich ist immer irgendwie Pause.
Es war ein ruhiger erster Tag hier im Luberon, an dem wir uns langsam an die Provence gewöhnen und wirklich ankommen konnten. Das Herrliche ist, dass wir fast alles schon kennen. Wir müssen also nichts machen, können aber. Mal sehen, wie die nächsten Tage werden. Erholsam ist es jedenfalls jetzt schon.