Es war ein reiner Reisetag.
Er begann um sechs Uhr morgens, viel zu früh, wie sich herausstellte. Es war nicht mehr ganz so kalt, aber mein Schlaf litt trotzdem. Ich komme nicht wirklich zur Ruhe. Und trotz meiner Erfahrung beim Reisen bin ich vor Ortswechseln immer noch aufgeregt wie ein Kind. Es ist nicht Angst, dass etwas schiefgehen könnte. Das geschieht natürlich manchmal, aber damit gehe ich inzwischen gleichmütig um, weil es eben passiert. Nein, es ist die Aufregung, zu etwas Neuem zu reisen.
Ich zog ziemlich motiviert meine Morgenroutine durch, erst einen Espresso, dann Yoga, dann Frühstück, danach packen. Auf diese Weise war ich gegen halb acht bereit zum Aufbruch. Es war zu früh, aber ich bin nicht der Typ, der dann lange verweilt. Ein Ort, an dem ich alles gepackt habe, ist ein vergangener Ort. Ich machte mich also auf den Weg zum kleinen Bahnhof in Aixe-sur-Vienne.
Als ich ankam, warteten bereits ein halbes Dutzend Passagiere. So etwas ist immer beruhigend. Aber es war noch eine halbe Stunde Zeit bis zu meinem Zug nach Limoges. Keine fünf Minuten später aber kam er schon an. Wie ich später feststellte, war es der Zug vorher, der eine Dreiviertelstunde Verspätung hatte. Und er fuhr auch nicht nur bis Limoges Montjovis, sondern bis zum Hauptbahnhof Limoges Bénédictins. Ich hatte eigentlich damit gerechnet, noch zwei Kilometer dorthin radeln zu müssen. Nun aber war ich da. Um acht Uhr. Mein Zug nach Ussel ging erst um Viertel nach zehn. So kann es kommen.
Trotzdem war die Zeit kurzweilig. Sie verging schnell. Pünktlich fuhr dann der Zug ab. Und hier hatte ich ein mulmiges Gefühl, aus mehreren Gründen. Zum einen musste ich ein sogenanntes Autocar von Ussel nach Limoges nehmen. Würde ich es finden? Und, zum anderen, würden sie mein Faltrad mitnehmen?
Erst einmal aber genoss ich die Fahrt. Es ist eine einsame Gegend zwischen Limoges und Clermont. Eigentlich sah ich nur Kühe. Und ein paar Städte, die aber einsam wirkten. Frankreich ist im Innern fast leer. Ist das ein Sinnbild?

Nach knapp zwei Stunden fuhren wir in den kleinen Bahnhof von Ussel ein. Und da standen auch schon die Busse. Es war letztlich kein Problem, das Faltrad unterzubringen. Der Fahrer öffnete mir sogar ein eigenes Kompartiment. Keine fünf Minuten nach der Ankunft in Ussel fuhren wir schon ab. Das hatte ja blendend funktioniert.
Wieder fuhren wir durch leere Gegenden. Hielten an kleinen Dörfern mit verrammelten Bahnhöfen, die keine Passagiere aufnahmen, so zum Beispiel Merlines. Meine Güte, wie einsam es ist. Manchmal frage ich mich, ob ich nicht doch an der Atlantikküste hätte bleiben sollen. Hier wirkt alles etwas rau. Aber deshalb habe ich es mir wahrscheinlich ausgesucht. Wieder keine zwei Stunden später erreichten wir den Bahnhof in Clermont.
Es war 14 Uhr, aber ich wusste, dass mir noch ein weiter Weg bevorstand. 15 Kilometer waren es bis zum Campingplatz bei Cournon-d’Auvergne. Im Nachhinein zu weit. Ich hätte den anderen in den Bergen nehmen sollen, der nur 8 Kilometer entfernt vom Stadtzentrum liegt. Nun ist es zu spät. Die Fahrt stellte sich auch wieder als kleine Tortur heraus. Zu viele Höhenmeter, aber wir befinden uns eben direkt in einem Mittelgebirge. Schnell ermüdeten meine Beine wieder, es war, als ob ich gestern keinen Ruhetag gehabt hätte. Jetzt ist es aber, wie es ist. Ziemlich erschöpft erreichte ich um halb vier den Campingplatz. Und mehr geschah letztlich auch nicht. Trotz der Tatsache, dass ich die meiste Zeit heute auf dem Bahnhof, im Zug, im Bus gesessen habe, bin ich unfassbar müde.
Ich habe mir auch Gedanken gemacht. In den letzten Jahren habe ich mir immer ein Gebiet ausgesucht, dass ich wochenlang bereist habe. Bretagne, Périgord, der Westen von Kreta. Mein Bewegungsradius war immer recht klein, was es mir erlaubte, eine Gegend richtig und ausführlich zu entdecken. Und das ist es, was mir auf dieser Reise fehlt. Ich bin durch mindestens fünf Regionen Frankreichs gekommen, die es alle verdient gehabt hätten, wochenlang erkundet zu werden. Ich aber bin weitergefahren wie ein Gehetzter.
Und das ist es, was ich nach dem Urlaub mit Nina ändern werde. Ich werde mir nur noch wenige Gegenden aussuchen, dich ich bereisen will. Die können ja auch etwas weiter auseinanderliegen. Aber die Kilometer, die ich bis jetzt in diese Reise gesteckt habe, sind zu gewaltig.
Noch ist Zeit, das zu ändern.
Ich werde mir überlegen, wie ich es machen möchte.
(Im Nachhinein ist es fast lustig, das zu lesen. Denn, natürlich, kam es vollkommen anders.)