Und da ist er, der relative Ruhetag.
Ehefrau Nina hat diese Woche viel zu viel Arbeit, ich hingegen lasse es dieses Mal ruhiger angehen, bevor wir uns am nächsten Sonntag, also in sechs Tagen, in Lyon zum gemeinsamen Urlaub treffen.
Heute also wollte ich etwas ausruhen, was nicht heißt, dass ich vollständig stillstand. Das ist auch nicht wirklich möglich. Aber ich ließ mir heute mit einer leichten Yoga-Session etwas Zeit, um die extrem kalte Nacht, es waren nur ca. 5 Grad, aus den Gliedern zu stretchen. Ich weiß nicht warum, aber mein Schlafsack reicht hier absolut nicht aus. Trotz der Tatsache, dass er über 200 Euro gekostet hat und Daunen beinhaltet. Ich erinnere mich nur an wenige Nächte, in denen ich nicht morgens gefroren habe. Vielleicht liegt es an mir.

Heute wollte ich das Fahrrad einfach mal stehenlassen. Also nahm ich mir eine kleine Wanderung vor. Nichts Schweres, am Fluss Venant entlang zu einem Jardin, von dem ich eigentlich wusste, dass er noch nicht geöffnet hatte. Es war auch nicht das Ziel, das mich etwas antrieb, sondern die andere Form der Bewegung. Ich muss gestehen, dass ich eigentlich nicht so gerne Rad fahre, es ist aber nun einmal eine angenehme und gesunde Art zu reisen und sich vorwärtszubewegen. Viel zu selten aber habe ich es auf dieser Reise bisher einfach mal stehen gelassen und das getan, was ich eigentlich lieber mache, nämlich wandern oder laufen. Der kurze Weg hier entlang der Venant in Richtung Jardin Losmonerie bot mir Gelegenheit, Franz Werfels 40 Tage auf dem Moussadag fertig zu hören. Ein Buch, 1933 erschienen, das so brandaktuell ist, dass es fast schon schmerzt. Das Ende machte mich ein wenig trübselig. Der größten Gefahr entronnen, verliert der Protagonist am Ende dennoch alles. Der Autor hat uns also Hoffnung gegeben und diese dann mit dem letzten Satz vollkommen zerstört. Geht es noch grausamer? Vielleicht wird man so, wenn man mit Alma Maler-Werfel verheiratet war. Aber das ist wirklich eine andere Geschichte.

Es war wirklich ein schöner Spaziergang, der mich nicht überforderte, sondern andere Muskelgruppen als auf dem Rad ansprach. Fast war ich schon überrascht, als ich mein Ziel erreicht hatte, aber es waren nur fünf Kilometer. Der Jardin und das dazugehörige Château waren natürlich geschlossen. Von außen sah es jedoch wild romantisch aus, ein wenig urig, nicht über-restauriert, auch wenn mehrere Handwerker gerade dabei waren, es auszubessern. Ich fragte dennoch, ob der Garten zu besichtigen wäre, aber der Oberhandwerker oder auch Schlossbesitzer verneinten. Nicht so schlimm, ich machte ein paar Fotos vom Schloss. Ich denke nicht, dass ich noch einmal in diese Gegend kommen werde. Gleichmütig drehte ich um und suchte einen anderen Weg in Richtung Aixe. Ich fand ihn tatsächlich, musste den Hügel hinauf. Es war alles nicht schlimm. Der Weg war nicht mehr so schön wie am Wasser entlang, meistens auf geteerten Straßen, aber weit war es nun wirklich nicht.

Und mehr geschah letztlich auch nicht.
Ich ging nur noch kurz einkaufen, dann ruhte ich mich auf dem Campingplatz aus.
Es waren eigenartige drei Tage in Aixe. Unfassbar, dass ich so viel Zeit hier habe verbringen können. Aber darauf kommt es nicht an, denn Langeweile hatte ich nicht und müßig war ich auch nicht. Ich habe auch als Yogi gelernt, auf meinen Körper zu hören. Und der wollte tatsächlich eine ruhigere Gangart.
Morgen fahre ich aber ab. Es wird ein Tag, der fast vollständig von der Reise nach Clermont Ferrand bestimmt sein wird. Ich glaube nicht, dass ich viel Zeit für Erlebnisse haben werde, aber oft ist die Fahrt an sich ja schon das Ereignis. Mal sehen, wie es wird. Ich bin jedenfalls guter Dinge, Frankreich einmal in der Mitte durchquert zu haben. Wenn ich erst einmal in Clermont bin, ist es auch leichter zu reisen. Und von Lyon aus geht es auch unweigerlich in den Süden, wo es wärmer ist.
Was ich als besonders angenehm empfinde, sind die Tageslängen. Es ist praktisch kaum noch dunkel, für mich ist das die schönste Zeit des Jahres. Es kommt nicht darauf an, dass schon sommerliche Temperaturen herrschen. Die Helligkeit ist mein Lebenselixier. Deshalb mag ich den Winter nicht so gerne. Nicht wegen der Kälte, sondern wegen der deprimierenden Dunkelheit.
Und jetzt, in den nächsten Wochen, werde ich so viel Helligkeit tanken, dass es für das Jahr reichen könnte. Das ist natürlich Unsinn. Im Winter werde ich wieder jammern.
Aber das ist noch lange hin.
Sehr lange.