Der Tag begann tatsächlich um 5:30. Nicht freiwillig, der Wecker klingelte. Ich war vorher dieses Mal nicht wach. Schockierend.
Um diese Zeit war es noch stockdunkel, ungewohnt für mich, war es doch auf dieser Reise um diese Uhrzeit schon einmal anders. Aber die Tage werden bereits kürzer. Noch gibt es lange genug Sonnenlicht. Und es wird auch rechtzeitig hell, so wie heute. Eine Dreiviertelstunde später war alles gut zu erkennen.
Das Schlimmste am Verlassen der griechischen Campingplätze sind oftmals die Katzen. Dieses Mal hatte ich mich einem wunderschönen weißen Kater und seiner hübschen grauen schwangeren Freundin angefreundet. Diese Tiere sind oftmals anhänglich und zahm, der Weiße kam gestern sogar auf den Schoß. Ich hebe Tiere nicht an, zwinge sie zu nichts, das tat er also freiwillig. Und war fast schon ein bisschen nervig, weil er sich nicht so leicht entfernen ließ. Natürlich füttere ich die Katzen. Ich weiß, dass ich sie nicht behalten kann. Sie gehören mir nicht, außerdem sind es Freigänger, was ich ihnen in Berlin nie bieten könnte. Aber ich kann ihnen für die Tage, die ich anwesend bin, den Hunger stillen. Ihnen also wenigstens etwas Sicherheit geben. Diese Tage müssen sie sich um Futter nicht kümmern. Obwohl ich sicher bin, dass sie auch woanders betteln. Sicherlich erfolgreich. Leider werden viele Katzen hier regelrecht misshandelt. Gestern stoppte ich ein Kind, dass den weißen Kater treten wollte. Ich war überrascht, wie sauer ich von einer Sekunde auf die andere werden konnte. Das Kind trollte sich danach, auch wenn es nicht einsah, dass es Tiere nicht verletzen darf.
Ich will allerdings nicht darüber nachdenken, was nach der Saison mit den Katzen geschieht. Ich glaube, dass die Einheimischen sie „reduzieren“. Es fällt mir schwer, darüber zu urteilen, sie sind es, die mit diesen bemerkenswerten Tieren leben müssen. Es sind auch nicht mehr so viele unterwegs in Griechenland. Keine Heerscharen. Auf dem Campingplatz in Koroni habe ich vielleicht ein halbes Dutzend gesehen. Das sind im Vergleich zu früher wenige.

Ich verabschiedete mich also mit einer Portion Extra-Futter von den Beiden, die mich ziehen ließen. Ich glaube, ich hing mehr an ihnen als sie an mir. Keine Ahnung, was Katzen denken. Ich frage mich das bei unseren Beiden oft. Alle haben einen starken Willen, wissen genau, was sie brauchen und wann. Also sind sie wahrscheinlich intelligenter als wir denken.

Gegen sieben riss ich mich los. Es war früh, die Temperaturen noch lange nicht so heiß. Der erste Streckenabschnitt würde schwierig werden. Der zweite ebenfalls, der letzte dann etwas leichter. Es war nicht die Strecke, die mir Sorgen machte, sondern die Höhenmeter. Fast 600. Verteilt auf 30 Km. Die ersten zwei Kilometer schob ich gleich. Keine Chance auf Radeln. Ich erreichte das Dorf Charokopio, hier allerdings schon fahrender Weise. Manche Abschnitte gingen problemlos. Dann aber, als ich es passiert hatte, ging es wieder steil bergauf. Serpentinen. Ab und zu überholte mich ein LKW, während ich fleißig schob. Es war gar nicht so schlimm. Meist war ich im Schatten, die Sonne stand noch sehr tief, sodass die Berge mir Schutz vor ihr boten. Das geht wirklich.
Zwei Stunden war ich unterwegs, bis ich ein weiteres Dorf erreichte, Kaplani. Von hier oben hatte ich schon wundervolle Ausblicke auf die Bucht von Finikountas. Das Meer der Westseite des Peloponnes.
Nun ging es erst einmal steil bergab. Kilometerlang schoss ich nach unten, kam praktisch erst wieder auf Meeresniveau zum Stillstand. Bis zum Ziel waren es nur noch ca. sieben Kilometer. Ich ließ die Ebene hinter mir, Ressorts, Strände, Bars, auch Campingplätze, erklomm noch so manche Steigung schiebender Weise, dann aber erreichte ich den Campingplatz von Methoni drei Stunden nachdem ich aufgebrochen war. Nicht sehr schnell, aber effizient. Es war gerade zehn Uhr. Da ich nicht durch die schwere Tageshitze gefahren war, die ab ungefähr zehn Uhr beginnt und wirklich anstrengend ist, ging es mir recht gut. Ich hatte die Höhenmeter gut hinter mich gebracht, die Strecke war nicht der Rede wert gewesen. Also ruhte ich mich nur kurz aus, dann ging ich ins Dorf.

Die Ansicht von der ins Meer ragenden Festung ist majestätisch. Wie ein grauer steinerner Faden zieht sie sich ins Blau hinein, am Ende ein bemerkenswerter Leuchtturm. Allerdings wusste ich nicht genau, warum ich mir zwei Tage Zeit nehmen wollte. Letztlich ist es aber so. Ich erkundete nur das Dorf, das typisch griechisch ist. Der Strand ist ebenfalls schön, soweit ich so etwas beurteilen möchte. Sehr sandig, wobei ich glaube, dass die Einheimischen die Kiesel alle an den Rand gelegt haben. Da befinden sie sich nämlich.
Die Festung sah ich mir übrigens noch nicht an, ich will sie mir für morgen aufheben.
Ansonsten besteht Methoni aus Cafés, Restaurants, einigen kleinen Shops. So wie viele Dörfer.
Die Stadt muss aber mal wichtig gewesen sein, sonst gäbe es diese beeindruckende Seefestung nicht. Ansonsten kommt mir mein Aufenthalt hier seit fünf Tagen vor wie im Lala-Land. Es ist ruhig, ohne rechte Höhepunkte. Es wäre noch nicht einmal wichtig, die Attraktionen hier abzuklappern. Die Natur aber ist wundervoll, zwei Inseln befinden sich vor dem Ort, es ist relativ grün, viele Olivenbäume und Baumbushaine. Trotzdem ist es nicht überlaufen. Wie es hier im Juni sein muss? Wahrscheinlich vollkommen ruhig.
So aber geht es, einige Touristen sind unterwegs, aber keine Menschenmassen. Ich bereue es ein wenig, Koroni gestern nicht einmal abends gesehen zu haben. Nur ein paar Eindrücke. Aber ich war zu müde. Vielleicht schaffe ich es heute mit Methoni. Mal sehen.
Mein Aufenthalt hier wird jedenfalls sehr gemächlich werden, das ist fast sicher.
Es ist mir im Augenblick recht, auch wenn die Reise irgendwann einmal wieder etwas Fahrt aufnehmen darf. Ich bin in Griechenland, da konnte ich nichts anderes erwarten. Und das möchte ich jetzt genießen.