Heute bin ich praktisch zwei Wochen unterwegs.
Vor genau zwei Wochen bin ich in Paris eingetroffen. Es kommt mir manchmal vor wie zwei Monate, dann wieder erscheint es mir wie gestern.
Gestern jedenfalls erreichte ich La Rochelle problemlos. Auf dem Bahnsteig packte ich das Rad aus, machte es reisefertig. OsmanD wies mir dieses Mal aus irgendeinem Grund nur stumm den Weg, meldete sich nicht zu Wort, zeigte mir aber trotzdem nach mehrmaligen Nachsehen auf dem Display an, wohin ich fahren musste. Leider hat der Camping Municipal noch nicht auf, der liegt wesentlich günstiger in Zentrumsnähe. Aber hier draußen, ca. 5 Km entfernt, ist es auch gut. 5 Kilometer sind mit dem Rad nichts, wenn man den Weg kennt. Und ich kenne ihn ja nun.
Ich weiß auch nicht, warum ich gestern so müde war, jedenfalls geschah nichts mehr. Nur Einkaufen, etwas im Internet surfen, ansonsten ließ ich die Erlebnisse der letzten Tage auf mich einwirken. Ich schreibe nicht darüber. Vielleicht irgendwann einmal in einem Roman, wenn niemand weiß, wer gemeint ist.

Heute aber suchte ich recht früh das Erlebnis in der Stadt. La Rochelle ist wirklich einzigartig. Es wirkte auf mich wie eine Mischung aus Dubrovnik und Padua, allerdings etwas kleiner. Die Häuser, vielleicht dreistöckig, sind fast alle weiß. Und wirken ziemlich alt, wobei es für mich nicht ersichtlich war wie alt. Ich begann meine Besichtigung am Markt, den ich natürlich besuchte. Fische, Fleisch, Gemüse, Obst, Käse, alles sorgfältig aufgebahrt und appetitlich hergerichtet. Fantastisch.
Von hier aus lief ich weiter zum Alten Hafen. Unter den berühmten Arkaden der Stadt. Säulengänge, wo seit eigentlich immer schon Geschäfte zu finden waren. Vor Regen, Sonne, Wind und Wetter geschützt konnten Leute hier also problemlos einkaufen. Ich beließ es natürlich beim Schaufensterbummel, denn mein Gepäck scheint auch ohne größere Anschaffungen schwerer zu werden. Nicht so schlimm.
Jedenfalls genoss ich den Bummel durch dieses alte ehrwürdige Viertel, erreichte irgendwann das Hotel de Ville. Es ist das älteste Rathaus, dessen antikes Gebäude noch immer in Betrieb ist. Habe ich zumindest gelesen. 2013 ist das Dach abgebrannt, aber jetzt erstrahlt es in altem Glanz.
Aus irgend einem Grund aber fand ich den Hafen nicht. Irgendwie hatte ich mich ein wenig verirrt, die Orientierung verloren. Dafür ist OsmanD natürlich gut, das Navi hat auch seine Stimme wiedergefunden.
Den Hafen erreichte ich also erst später. Ich sah zwei weiße Türme, die die Einfahrt bewachten und zwischen denen in Kriegszeiten eine Kette gespannt werden konnte, sodass feindliche Schiffe nicht in den Hafen fahren konnten. Die Stadt selbst ist übrigens ein Stück entfernt vom Hafen, um zu verhindern, dass bei möglichen Schiffsbränden das Feuer auf die Stadt übergreifen konnte. Das hat heute den Vorteil, dass sich eine majestätische Promenade um das Becken herum breitgemacht hat. Die wird natürlich von der Gastronomie genutzt. Unzählige Stühle und Tische laden Gäste ein. Hier sah man aber, dass es noch Vorsaison war, denn nicht jeder Stuhl war zur Mittagszeit besetzt. Ab und zu kam ich an einem Immobilienhändler vorbei. An den Preisen merkte ich, dass sich La Rochelle am Pariser Wohnungsmarkt orientiert. Wahrscheinlich liegt es an der Île de Re, die als Erholungsgebiet für Pariser gilt. Das Brighton von Paris sozusagen. Nur ein wenig weiter weg.

Die Türme hätte ich besteigen können, es gab aber nur ein Ticket für alle drei. Hinzu kam noch ein alter Wachturm, der als der älteste Leuchtturm der Welt gilt. Ich zog es aber vor, die Stadt zu erkunden, bewunderte die Türme also nur aus der Ferne.
Also bummelte ich weiter, in die alten Fischerviertel hinein. Eines wurde früher von Bretonen bewohnt. Die haben gleich mitten in der Stadt einen Leuchtturm erbaut, so, wie sie es überall machen. Macht der Gewohnheit sicherlich. Die Viertel sind belebt, voller interessanter Geschäfte und Restaurants. Nur selten sah ich ein Café, das man als solches bezeichnen kann. Meist sind es Restaurant Cafés, die sich eher auf Mahlzeiten spezialisiert haben. Es ist manchmal schwierig, nur einen Kaffee zu trinken, daher habe ich mir angewöhnt, nur noch nach Orten zu suchen, die echte Cafés sind. An einem dieser Orte blieb ich drei Stunden nach Beginn meiner Erkundungen hängen. Ich surfte ein bisschen, merkte aber, dass ich auch nach dem Kaffee ziemlich kaputt war. Man läuft doch mehr als man möchte. Also lief ich danach zurück zum Rad, besuchte noch die Kathedrale, die mich nicht fesselte. Ich fand auf der Karte einen Ort, der Jardin des Plantes hieß. Das erschien mir interessant, also radelte ich dorthin. Es handelte sich allerdings nur um einen winzigen Garten voller Schüler, die ihre Pausen hier verbrachten. Ich beschloss, zum Zelt zu radeln. Und zu schreiben. Und zu duschen. Denn es ist tatsächlich heißer als ich es erwartet hatte.
Morgen fahre ich bereits weiter. Und freue mich auf etwas ruhigere Tage auf der Île de Re. Überhaupt wird es von nun an etwas weniger frenetisch. Zeit also für Yoga und Reflektieren.