Es gibt auf Reisen Tage, da fragt man sich, warum man eigentlich da ist, wo man ist.
Heute war ein solcher Tag.
Um halb sechs stand ich auf, weil es einfach Zeit war aufzustehen. Der Wecker hätte ein paar Minuten später geklingelt.
Ich packte zügig, war viel zu früh fertig und bereit zum Aufbruch. Dank des Internets aber verdaddelte ich wieder Zeit, also war am Ende alles gut.
Gegen sieben radelte ich los, kaum jemand auf dem Campingplatz war wach. Es war also ein einsamer Samstagmorgen. Auch auf den Straßen in Richtung Pisa, wo sonst die Hölle los ist, überholten mich nur sporadisch Autos. Lange brauchte ich nicht bis zum Bahnhof in Pisa, vielleicht 40 Minuten. Mein Zug ging erst eine Stunde später. Ich hatte mir einen ausgesucht, der direkt nach Monecatini Terme fuhr. Ohne Umsteigen, was mit dem Rad immer etwas kompliziert ist. Es war im Grunde alles ganz leicht. Der uralte Zug fuhr irgendwann auf Gleis 1 ein, ich musste also nicht einmal via Aufzug die Gleise wechseln. Ich faltete das Rad, stieg ein und das war es im Grunde. Der Zug tingelte danach durch die Landschaft, in aller Seelenruhe. In Lucca hielt er geschlagene 20 Minuten, was dann natürlich zu Verspätungen führte. Mir war es egal, es war früh genug.
Um halb elf dann war ich da und stand einsam auf einem Bahnhof in Montecatini, unter der brennenden Hitze der Sonne. Niemand war da, niemand ein- oder ausgestiegen. Komische Sache.
Ich lief in den Schatten und machte das Rad reisefertig.

Und jetzt begann die erste Tortur des Tages.
Denn der Campingplatz, ungefähr 5 Kilometer vom Bahnhof entfernt, liegt auf über 200 Metern Höhe. Das ist bei nur fünf Kilometern eine Ansage.
Ich radelte einen Kilometer, dann gab ich auf. Und schob.
Ich weiß, dass ich so etwas schon öfters gemacht habe, aber heute war es besonders schwer. Vielleicht auch, weil es bereits so heiß war. Jedenfalls zählte ich jeden Meter, den ich im ganzen Körper spürte.
Als ich endlich auf dem Platz ankam und eingecheckt hatte, musste ich auf dem Platz auch nochmal einen Berg hoch. Terrassenförmig heißt das dann wohl.
Ich richtete mich ein, machte alles soweit fertig.
Und kollabierte im Schatten neben dem Zelt.
Eine Stunde lang sollte ich mich nicht mehr regen.

Es folgte aber natürlich, was folgen musste. Ich hatte keine Vorräte, zum Lunch hatte ich nur etwas trockenes Brot und ein paar Oliven gehabt. Ich musste einkaufen. Und wollte natürlich Monecatini Terme besichtigen.
Also fuhr die ganzen fünf Kilometer wieder hinunter. Runter macht wirklich Spaß.

Montecatini ist ein Heilbad, das wusste ich. Ich sah sofort den etwas abgeblätterten Charme der Bäder. Es erinnerte mich ein wenig an Vichy in Frankreich. Oder Baden-Baden. Überall sah ich vornehme Hotels, von denen einige sicher auch schon bessere Zeiten gesehen haben. Weshalb war ich hier? Interessierte mich das?
Nein, tat es nicht. Aber nun war ich da. Und musste darüber lachen. Ich frage mich seit 20 Jahren, wie das wohl so in Montecatini ist. Jetzt weiß ich es. Es hat nicht den Charme der mittelalterlichen Städte und Dörfer. Wobei Montecatini Alto, das unweit vom Campingplatz entfernt liegt, vielversprechend aussieht. Genau das richtige für morgen. Dann muss ich auch nicht wieder den Berg hinauf. Ein großer Vorteil.
Wahrscheinlich aber war ich einfach zu erschöpft, um mich eingehend mit dieser Heilstadt zu beschäftigen. Mir fehlte einfach etwas die Lust. Am Ende lief ich nur ein wenig durch den Park, entdeckte von außen die Thermalbäder, alles Gebäude aus der frühen Zeit des letzten Jahrhunderts, als Montecatini sicher Hot Shit war. Ich erstand eine Minipizza in einer Bäckerei. Heißhunger verspürte ich jedenfalls, wie immer nach solchen Touren.
Dann brach ich alles ab, ging einkaufen, für zwei Tage, die ich hier sein werde, und machte mich auf den Rückweg. Ich probierte es gar nicht mehr zu radeln. Ich schob. Und das mit Stolz
Es war schrecklich. Noch heißer als am Vormittag. Aber genauso lang. Ich würde nicht sagen, dass es ein verlorener Tag war, eher einer, an dem ich an meine Grenzen kam. Zum Glück ist heute yogafrei.
Jetzt aber muss ich mich um die Einkäufe kümmern, die gerade von Ameisen entdeckt worden sind. Keine gute Grundlage, wie ich finde.
Morgen ist Sonntag. Etwas ruhiger. Ich freue mich darauf.