Kaum angefangen mit Aktivitäten, schon ist der Akku wieder niedrig. Kaum zu fassen.
Es ist eine Woche her, seit ich in Methoni dem Dolce Vita frönte, dazwischen liegen also nur sechs Tage des Sightseeings. Und trotzdem könnte ich schon wieder eine Pause vertragen.
Vielleicht liegt es tatsächlich auch ein bisschen an der Hitze. Ich möchte es ja nicht zugeben, aber sie schlaucht ein wenig. Es ist schon heftig, im August zu reisen. Ich habe das zwölf Jahre nicht gemacht. Und vor zwölf Jahren war ich eben jünger. Vielleicht bin ich ein bisschen streng.

Mich beschäftigt im Augenblick auch die Rückreise. Wie soll ich es genau machen? Der Witz ist, dass ich ein wenig an Reisemüdigkeit generell leide. Thessaloniki habe ich ausgelassen. So hoch möchte ich nicht mehr. Und Rom? Ist eigentlich auch schon vorbei. Dazu habe ich gerade keine Nerven mehr. Venedig? Vielleicht. Wahrscheinlich eher nicht. Ljubijana? Im Bereich der Möglichkeiten, ebenso wie Wien, München und Prag. Prag ganz sicher, denn ich möchte dort Ehefrau Nina treffen, um den Abschluss der Reise standesgemäß zu feiern. Denn feiern muss ich sie, sie war und ist fantastisch.

Heute jedenfalls stand ich wieder einmal erst gegen sieben auf. Im Grunde erwache ich mit den ersten Sonnenstrahlen, da aber die Tage kürzer werden, entsprechend später. Das Schöne ist, dass ich inzwischen fast schmerzfrei aufwache. Ich habe es hinbekommen, durch Übungen, meine Rückenschmerzen zu 90 % zu reduzieren. Ohne Schmerzmittel, allein durch viel Bewegung und noch mehr leichte Dehnungen. Es hat lange gedauert, mehr als zwei Jahre, aber es lohnt sich. Auch das ist eine Reise, von der ich noch nicht weiß, wo sie genau hinführen wird. Aber sie tut mir gut, also mache ich weiter.
Tatsächlich hatte ich heute auch noch einige andere Dinge zu tun. Waschen, aufräumen, ein wenig recherchieren. Das, was eben manchmal ansteht. Ich stelle fest, dass alles, was ich dabei habe und seit mehr als drei Monaten extrem nutze, ebenso extrem leidet. Meine T-Shirts fühlen sich schon lange nicht mehr so an wie damals, als sie neu waren. Mein Zelt ist geschunden, innen löst sich die Beschichtung ein wenig und die Gaze innen weist aufgrund der Katzenattacke vor ein paar Tagen ein Loch auf. Aber es wird halten. Das Außenzelt ist anstandslos in Ordnung. Die Isomatte, eine teure Term-a-Rest, fühlt sich an, also ob eine Wachsschicht darauf wäre. Ich reibe sie oft ab, aber vielleicht ist das eine Abnutzungserscheinung. Sie sieht definitiv nicht mehr so aus wie vor ein paar Jahren. Und liegt sich auch nicht mehr so gut. Es macht nichts, sie hat mir gute Dienste erwiesen. Und wird auch diese Reise überstehen. Es sind also Kleinigkeiten. Aber man muss sich kümmern, ebenso wie um das Rad, das ich alle paar Wochen öle und geschmeidig halte. Meine Dose Schmierfett werde ich das nächste Mal entsorgen, weil sie dann leer sein wird. Es ist nicht schlimm, dann ist die Reise vorbei.
So ist das, es gibt immer Kleinigkeiten, um die ich mich kümmern muss. Die Ausrüstung soll ja durchhalten. Und das wird sie auch.
So kam es allerdings, dass ich erst gegen zehn Uhr hier abfuhr. Es war eine grässliche Fahrt nach Nafplion. Eine hässliche Straße, mit vielen Löchern, LKWs. Und, vor allem, heftiger Gegenwind. Es ist unbeschreiblich, wie sehr mich das schlaucht. Meine Beine fühlten sich jedenfalls an wie Gummi, als ich Nafplion erreichte.
Wahrscheinlich hätte ich mich erst einmal irgendwo hinsetzen müssen, um mich körperlich etwas zu erholen. Das geht dieser Tage schneller als sonst. Aber ich tat nichts dergleichen, sondern lief gleich los.

Nafplion ist herrlich. Eine kleine Version von Dubrovnik. Also eine wirklich kleine. Die altehrwürdigen Häuser aus der Zeit, als Nafplion noch Hauptstadt Griechenlands war, sind meistens herausgeputzt. Es gibt kein Gassengewirr, die Straßen sind schachbrettartig angeordnet. Man geht praktisch auf den Hauptplatz zu, der sich schon nach ca. hundert Metern auftut. Am Ende befindet sich das archäologische Museum, das ich vor zwölf Jahren bereits besucht hatte. Ich ließ es also liegen und lief noch ein Stück weiter. Bis zum Meer. Links über mir thronte der Berg mit einer Festungsanlage darauf. Rechts und vor mir das Meer. Hier sah es dann auch nicht mehr so herausgeputzt aus. Dieser Teil fehlt also noch. Ich bin mir sicher, in zehn Jahren, wenn ich wieder hier bin, ist das auch erledigt und alles renoviert.
Danach verlor ich mich einfach in den Straßen und Gassen. Dadurch, dass Nafplion so logisch angeordnet ist, ist das Wort „verlieren“ eigentlich falsch. Ich habe mich nicht verloren, sondern konnte beinahe systematisch die Stadt ablaufen. Überall sah ich rankende Blumen, die warmen Steine der Häuser und herausgeputzte ockerfarbene Fassaden. Es ist eine Stadt mit überschwänglichen Eindrücken. Eine Kirche betrat ich, die besonders viele Malereien zeigte. Ikonen überall, auch über mir. Ein bisschen viel vielleicht? Aber das beschreibt Nafplion ziemlich gut, der Ort ist eine Augenweide. Ich wusste nicht, wo ich zuerst hinschauen sollte.

Nach ungefähr einer Stunde war der Ofen dann aber aus. Viel zu früh.
Trotzdem verstand ich meinen Körper. Und machte nun wirklich eine Pause. Goodys macht auch Gyros Pita. Und da saß ich, kaute diese fleischige Brottasche, als Vegetarier. Ich mache eben manchmal Ausnahmen. Das macht mir Freude.
Und dann lief ich abermals durch die Stadt, erfreute mich wieder an den Eindrücken, stellte aber fest, dass ich bereits begann, Dinge zwei oder gar dreimal gesehen zu haben. Der Zauber des Neuen verflog ziemlich schnell. Das ist ein Manko, das ich oft erlebe.
Ich akzeptierte es und machte das, was man immer am frühen Nachmittag machen sollte: Kaffeepause.
In griechischen Cafés ist der Kaffee etwas teurer als in Deutschland. Aber dafür lässt man einen in Ruhe. Es ist egal, wie viele Stunden man dort sitzt, niemand wird einen schief ansehen. Ich saß bestimmt zwei Stunden herum, könnte nicht einmal genau sagen, was ich genau getan habe. Gesurft, gelesen, im Postillion blöde Kommentare abgelassen. Kurz: mich erholt.

Im Grunde war das die Beschreibung meines Tages. Ich ging danach nur kurz einkaufen, bevor ich zurückradelte, dieses Mal übrigens ohne Wind. Die Strecke ist trotzdem länger als ich sie in Erinnerung hatte. Vor zwölf Jahren bin ich auch geradelt. Aber die Erinnerung ist vage.
Ich werde noch einmal hier sein, dann nehme ich endlich einmal diese Festungsanlage in Augenschein. Nicht wegen der Festung, sondern um die Aussicht zu genießen. Vom Hafen aus hatte ich schon eine schöne Sicht auf Argos, dessen dramatische Burg aus dem Panorama heraussticht. Mal sehen, wie weit ich aus Nafplion den Peloponnes sehen kann. Aber das kommt erst in zwei Tagen. Morgen schaue ich mir die Gegend um Drapano etwas genauer an, es gibt auch hier Ausgrabungsstätten. Mal sehen. Ich habe sowieso den Eindruck, dass ich ein wenig länger hier sein werde. Mir fällt im Moment kein Ort ein, den ich in Griechenland noch unbedingt besuchen möchte. Einfallslos? Vielleicht. Aber ich denke, hier ist es im Moment gut. Griechisch. Und entspannt genug.