Sonntag.
Der vielleicht faulste Tag auf der ganzen Reise. Es ist aber auch schlichtweg zu heiß, um wirklich etwas zu unternehmen. Wanderwege gäbe es etliche in der Gegend, einer schöner als der andere. Aber ich vertrage die Hitze nicht mehr so gut wie noch vor 20 Jahren. Es ist, wie es ist. Ich will mich nicht beschweren. Dabei hatte ich heute tatsächlich überlegt, einfach abzufahren. Weg von hier. Aber im Grunde hätte ich mich mal wieder mitgenommen, die Unrast, die schlechte Laune und die Verwirrtheit. Das wäre nirgends besser gewesen. Also beschloss ich, es wirklich und wahrhaftig ruhig angehen zu lassen. Eine dreiviertel Stunde Yoga heute Morgen half dabei, die ärgsten Rückenschmerzen zu vertreiben. Es war gut, dass ich mich austoben konnte.
Danach geschah … gar nichts mehr. Ich hörte mein Hörbuch weiter, ein Triester Krimi, spielte Poker im Smartphone, surfte im Netz. Das alles, ohne den Campingplatz zu verlassen. Ach ja, meine Rückfahrt auf den Kontinent habe ich gebucht. Am Mittwoch, also in drei Tagen, ist es so weit. Dann ist mein korsisches Abenteuer beendet. Ich will keine Bilanz ziehen, das liegt mir gerade nicht. Zu einer besseren Zeit hätte ich sicher mehr Spaß gehabt. Und vielleicht auch mehr gesehen. Ich habe den Eindruck, meine Reiseroute hier nicht wirklich gut gewählt zu haben. Aber das Thema hatten wir schon vor einigen Tagen.
Morgen dann also die letzte Etappe, Bastia, die Hafenstadt. Ich nehme morgen wieder den Zug aus den Bergen ans Meer. Es wird mal wieder teuer, aber das ist mir jetzt egal. Italien besteht mir bevor, das wird auch preisintensiv. Vor zwölf Jahren war ich schon einmal dort im Juli, zwangsläufig, weil ich mich auf einer zehnmonatigen Reise um das Mittelmeer befand. Und den Juli musste ich eben irgendwo verbringen. Ich will dieses Jahr mehr daraus machen als vor zwölf Jahren. Das ist zumindest der Plan. Dabei möchte ich die touristischen Zentren vermeiden, mich auf Ziele konzentrieren, die vielleicht nicht so gut besucht sind. Florenz und Venedig fallen somit aus, aber Bologna, vielleicht Forli, Ravenna und natürlich Triest möchte ich eventuell sehen. Es kommt ein wenig darauf an, wie sich das Reisen gestaltet. Und wie sich meine Laune entwickelt. Im Moment bin ich eher in einer Spirale nach unten unterwegs. Ich weiß, dass ich nichts erzwingen kann. Jedenfalls habe ich den Eindruck, dass mir der heutige Tag gutgetan hat. Ich bin etwas ruhiger.
Das Leben ist eben, wie es ist. Wenigstens habe ich heute nicht spontan meine Rückreise gebucht, was ich bestimmt bereut hätte. Ich habe den Eindruck, dass ich wirklich irgendwann in Griechenland enden könnte. Ich werde das beobachten.
So, jetzt haben wir es fast geschafft. Mein Besuch hier in Corte war nicht ganz so, wie ich gedacht hatte. Ich wollte die Bergwelt erkunden, aber dazu muss eben auch das Wetter mitspielen. Und bevor ich vor Hitze umkippe, mache ich lieber das, was vernünftig ist. Ich denke, dass ich nochmal herkommen werde. Im Frühjahr oder Spätsommer, dann ist es sicher erträglicher.
Aber auch in Italien herrscht diese Hitzewelle, in Pisa darf man inzwischen aufgrund des Wassermangels die Gärten nicht mehr sprengen. Erstaunlich. Und dort fahre ich jetzt also hin.
Dieser Tag geht langsam zur Neige, er war still. Und trotzdem wichtig. Mal sehen, ob ich mich ein wenig stabilisieren kann.