Und angekommen.
Die zweite Nacht auf der Fähre war unruhiger. Kein Wunder, überall lagen Leute, beinahe musste man über sie hinübersteigen, um sich fortzubewegen. Ich wachte um sechs auf, aber an Yoga war nicht zu denken. Kein Platz. Nirgends. Und so unverfroren wollte ich nicht sein, neben Schlafenden meine Übungen zu absolvieren. Nur meinen Rücken stretchte ich ein wenig, neben meiner Schlafstätte, das bekam aber niemand weiter mit.
Um sieben hätten wir ankommen sollen, um elf waren wir tatsächlich erst da. Nach den entsprechenden Kontrollen war ich erst eine halbe Stunde später wirklich von der Fähre herunter. Ein Wunder, dass der Zoll meine Sachen nicht nach Drogen untersuchte. Normalerweise geschieht das, aber vielleicht bin ich langsam aus dem Alter heraus.
Den Weg nach Mestre kannte ich noch, immer an den Fabriken vorbei, an Müll und schwer befahrenen Straßen. Es ist kein Spaß, aber zweckmäßig.
Am Bahnhof kaufte ich eine Fahrkarte für einen Zug, der nur Minuten später eintraf. Vicenza hatte ich mir ausgesucht, das kenne ich noch nicht. Und da bin ich jetzt. Und bin froh, das Fahrrad dabei zu haben. Es sind einige Kilometer bis zur Stadt, die werden morgen aber kein Problem. Zu Fuß wäre ich viel schlimmer dran.
35 Stunden habe ich auf der Fähre verbracht, dabei eigentlich kaum etwas getan. Mein Bewegungsradius war eingeschränkt, ein paar Mal von der einen auf die andere Seite. Für Yoga war kein Platz, daher habe ich viel gesessen und gelegen. Und trotzdem bin ich vollkommen gerädert. Es war irgendwie anstrengend. Warum, weiß ich nicht. Ist es der Ortswechsel? Italien kenne ich doch. Jedenfalls bin ich müde. Und es ist erst halb sechs.
An diesem Tag geschah auch nicht mehr viel, ich ging noch einkaufen, lief wie ein Zombie durch ein Einkaufszentrum, das mir vollkommen fremd schien. Gehöre ich wirklich noch in diese Konsumgesellschaft? Ich habe gerade kaum noch den Drang, etwas zu kaufen. Das alles scheint mir so oberflächlich. Vielleicht ist es ganz gut so, auf diese Weise kann ich mich auf das Wesentliche konzentrieren. Was das ist, weiß ich allerdings auch nicht.
Morgen jedenfalls beginne ich den letzten Reiseabschnitt. Norditalien, München, dann am Ende Prag. Es ist gut so.
Der Witz ist, dass an diesem Tag schwere Regenwolken über Vicenza hängen. Es muss gewittert haben, der Boden ist feucht. Rasen. Ich bin an grünem Rasen vorbeigeradelt. Wenn ich an die staubtrockenen Böden in Griechenland denke, bin ich fast froh, hier zu sein, in dieser üppigen Landschaft. Noch ist es ziemlich heiß, aber nicht so drückend wie in Patras. Der Spätsommer liegt in der Luft. Und was fehlt noch? Die tausenden Grillen, die abends in Griechenland dröhnende Konzerte abgehalten haben. Stattdessen höre ich gerade Straßenlärm. Nun, den gab es in Griechenland auch. Das wäre nicht fair, es nicht zu erwähnen.
Heute Abend jedenfalls gibt es standesgemäß Pizza. Und bevor ich jetzt weiterschwafle, höre ich lieber auf. Mehr gibt es auch nicht zu erzählen.